Das Ziegeleimuseum Glindow startet in seine Saison im 30. Jahr des Bestehens vom Förderverein. Demnächst muss es aber auf Produktionsvorführungen verzichten. Denn die benachbarte private Manufaktur wird im Sommer schließen.
Die Arbeit vom „Förderverein Historische Ziegelei Glindow“ steht am Scheideweg. Auf einer Feierstunde zu seinem 30-jährigen Bestehen wurde offenbar: Das Konzept eines lebendigen Museums kann bald nicht mehr weitergeführt werden. Denn die neben dem museal genutzten Wächterturm immer noch tätige private Ziegelei wird Ende Juli schließen.
Sie war bisher integraler Bestandteil von Führungen. Damit fällt demnächst der letzte tätige Zeuge von etwa 600 Jahren Tonabbau und Ziegelproduktion in Brandenburg weg und die Technologie kann nur noch theoretisch vermittelt werden. Bereits in der Vergangenheit war die Vereinstätigkeit und der Erhalt des technischen Denkmals mehrmals von Rückschlägen geprägt und hatte schwierige Zeiten zu verkraften.
Davon zeugt eine 35-seitige Festschrift, die der Verein zu seinem Jubiläum mithilfe von Fördergeld des Ortsbeirates herausgab.
Feierstunde nur im kleinen Kreis
Im kleinen Kreis traf sich der „Förderverein Historische Ziegelei Glindow“ zu seinem 30. Jubiläum im Märkischen Ziegeleimuseum. Unter den Gästen waren der stellvertretende Ortsvorsteher des werderschen Ortsteils, Steven Bahl (SPD), die stellvertretende Vorsitzende des Kulturausschusses, Anka Lorentz (SPD) und Werders Ortschronist Baldur Martin.
Aus Berlin kam der Stadt- und Industriefotograf Karl-Ludwig Lange, der bereits vor gut 20 Jahren für seine Serie „Märkische Ziegeleien und Ziegel“ den mächtigen Ringofen der benachbarten „Neuen Ziegelei Manufaktur“ ablichtete. Genau dieses Bauwerk ist bisher die Attraktion des vom Verein betriebenen Museums.
Der betriebsfähige Brennofen nach einem Patent von Friedrich Eduard Hoffmann wurde zum Alleinstellungsmerkmal Glindows, das weit weniger bekannt ist als der „Ziegeleipark“ Mildenberg bei Zehdenick (Oberhavel). Auch dort gibt es einen Ringofen, der aber schon lange kalt bleibt. „In Glindow war der große Unterschied, dass unsere Besucher sehen konnten, wie gebrannt worden ist“, betont die Vereinsvorsitzende Sabine Schultze, dass die Führungen immer die aktive Manufaktur nebenan mit einbeziehen.
Fontane widmete Glindows Ziegeleien ein Kapitel
Erzählt wird dabei vom Hunger nach Unmengen an Baumaterial der wachsenden Industriestadt Berlin ab Mitte des 19. Jahrhunderts. Glindow muss dabei als Lieferant so beachtlich gewesen sein, dass der sonst eher Landschaften und Persönlichkeiten zugetane Schriftsteller, Theodor Fontane, dem dortigen Tonabbau und den Ziegeleien ein Kapitel widmete. Enthalten ist es in „Havelland“, seinem 1873 erschienenen 3. Band der „Wanderungen“. Darin ging er von 50 Ringöfen im gesamten „Distrikt“ aus.
Bisher werden neben dem Museum immer noch Formsteine oder Zierelemente gebrannt, vor allem für den denkmalgerechten Erhalt und die Restaurierung der alten Ziegel-Bauten. In der neuen Vereinschronik schreibt Verfasserin Barbara Czycholl über seit 1990 wiederkehrende Schwierigkeiten, diese Produktion fortzuführen. Zuletzt erwarb 2004 die Stadt Werder den Museumsturm. Das eigentliche Ziegeleigelände kaufte der Potsdamer Architekt und Unternehmer Harald Dieckmann. Der befeuert aber seit eineinhalb Jahren nicht mehr den großen Ofen mit Kohle, sondern brennt auf kleiner Gasflamme teils glasierte Formsteine für Spezialaufträge. Nun sagt er: „Wir haben uns seit zwei Jahren vor- und zurückentwickelt. Seit Spätherbst arbeiten wir nicht mehr wirtschaftlich.“
Der Ringofen soll nicht abgerissen werden
Vorbei sind die großen Zeiten, als seine handgestrichenen Ziegel mit den speziellen schillernden Farben des Kohlebrandes zu Hunderttausenden etwa in wiederaufgebauten Stadtmauern von Kyritz oder Stralsund, für Friedhofsumfriedungen oder den Tempelgarten von Neuruppin bestellt worden sind.
Auch in Potsdam sind Steine der „Neuen Ziegelei-Manufaktur“ in zahlreichen Häusern verbaut, darunter im RBB-Verwaltungsgebäude, in der Rekonstruktion eines Holländerhauses oder in vielen Schlössern. Bis nach Dänemark lieferte Dieckmann. Der spektakulärste Auftrag waren 5000 mit Platin überzogene Elemente für die von Stararchitekt Olafur Eliasson gestaltete Universität Sønderburg. Nach langer Zeit winkte 2021 ein bitter nötiger Großauftrag für einen Klosterneubau in Neuzelle (Oder-Spree).
Von Millionen Ziegeln über Jahre war die Rede. Doch daraus wurde nichts. Die beiden letzten Mitarbeiter sind bereits gekündigt, sagt der 72-jährige Chef. Er plant, die begonnene Zusammenarbeit mit Künstlern zu intensivieren und passendes Handwerk anzusiedeln: „Ich möchte die keramische Produktion, die hier ihre Wurzeln hat, an diesem Ort belassen“, sagt er, „auf jeden Fall werde ich nicht verkaufen und nicht abreißen.“ Somit hofft auch die Vereinsvorsitzende Schultze, das Gelände mit dem Ringofen weiterhin zeigen zu können.
Führungen werden bis Oktober sonnabends und sonntags von 11 bis 16 Uhr sowie nach Vereinbarung für Gruppen und Schulklassen angeboten. Die 35-seitige Festschrift kann während der Öffnungszeiten für 3 Euro erworben werden. Außerdem sucht der Förderverein aktive Mitstreiter für seine Arbeit. Kontakt per E-Mail über info@ziegeleimuseum-glindow.de