Dank zahlreicher Serienproduktionen gab es 2021 mehr Drehtage als vor der Coronapandemie | Studio Babelsberg-Mehrheit verkauft | Andreas Dresen wirft mit seinem Wettbewerbsfilm bei der Berlinale einen kritischen Blick auf die Politik unter Kanzler Gerhard Schröder
Große Erfolge bei der Berlinale und Nominierungen für die bekanntesten Filmpreise der Welt: Filmproduktion ist ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaft in Brandenburg, ganz besonders in Potsdam, das sich seit 2019 "Unesco Creative City of Film" nennen darf. Gleich drei vom Medienboard Berlin-Brandenburg geförderte Filme waren im Wettbewerb der diesjährigen Berlinale zu sehen - "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush" des Potsdamer Regisseurs Andreas Dresen und "AEIOU - Das schnelle Alphabet der Liebe" der Berlinerin Nicolette Krebitz sowie der Film "Rimini" des Österreichers Ulrich Seidl. Kurz vor Beginn der Filmfestspiele wurde außerdem bekannt, dass die Amerikanerin Kristen Stewart für ihre Hauptrolle in der zum Teil im Schloss Marquardt gedrehten Produktion "Spencer" für den diesjährigen Oscar nominiert wurde.
Fördermittel in Höhe von 44 Millionen Euro hat das Medienboard im vergangenen Jahr ausgereicht, damit konnten Ausgaben von insgesamt 184 Millionen Euro in der Region generiert werden. Mit ganzen 6.000 Drehtagen konnten zudem 300 mehr als 2019 verzeichnet werden. Einen nicht unerheblichen Anteil hat dabei die digitale Produktion von Serien wie "1899", die seit 2020 neu zum Förderprogramm gehören. Für Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) ist das Filmland Brandenburg deshalb trotz Corona eine Erfolgsgeschichte, auch wenn unter erschwerten Bedingungen produziert werden musste. "Unser Filmland steht für ausgezeichnete Kinokunst, erfolgreiches internationales Publikumskino und spannende Streaming- und Fernsehproduktionen", so Steinbach. Kino aus Babelsberg hat eine lange Tradition: Der erste Stummfilm "Totentanz" mit Asta Nielsen wurde hier vor 110 Jahren gedreht, freilich unter völlig anderen technischen Bedingungen. Damit hat es Studio Babelsberg auf Platz 1 der ältesten Großatelier-Filmstudios der Welt geschafft.
Löwenmutter mit Silbernem Bären ausgezeichnet
Nach der konsequenten Aufwertung mit modernsten Technologien und einem volumetrischen Studio in den vergangenen Jahren kann sich Studio Babelsberg deutlich besser am internationalen Markt behaupten. Bei der hier produzierten Serie "1899" wurde beispielsweise die so genannte Virtual Production eingesetzt, das heißt, bei Studioaufnahmen wird der Hintergrund auf einer großen LED-Wand eingespielt. Und bei "Matrix Resurrections" wurde durch Volumetrie ein Unterwasserstudio erstellt. Der Bedarf an Filmen und Serien sei durch die Pandemie enorm gestiegen, bekräftigt auch Medienboard-Chefin Kirsten Niehuus. 85 Produktionen konnten 2021 unter Pandemiebedingungen realisiert werden.
Anfang Januar ist der Verkauf von Studio Babelsberg an den US-amerikanischen Investmentfonds TPG Real Estate abgeschlossen worden. Die Studiochefs Carl Woebcken und Christoph Fisser sind nur noch mit einer Minderheitsbeteiligung dabei. Der Kauf zeigt, wie groß das internationale Interesse am Filmland Brandenburg ist.
Großen Eindruck konnte der Potsdamer Regisseur Andreas Dresen bei der diesjährigen Berlinale mit seinem Film "Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush" machen. 20 Jahre sind vergangenen, seitdem der Bremer Murat Kurnaz in der Folge der Attentate vom 11. September 2001 unter Terrorverdacht geriet, in Pakistan festgenommen und für 3.000 Dollar Kopfgeld an die US-Streitkräfte verhökert wurde, die ihn im US-Gefängnis Guantanamo Bay auf Kuba festgesetzt haben.
Dresen erzählt, wie Kurnaz' Mutter Rabiye, gespielt von der Kabarettistin Meltem Kaptan, zu einer wahrhaftigen Löwenmutter wurde, die den damaligen US-Präsidenten George W. Bush vor dem Supreme Court verklagt hat. Er zeigt aber auch wie die rot-grüne Regierung unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) und Außenminister Joschka Fischer (Grüne) seine Auslieferung nach Deutschland vereitelte und ihm wegen seiner türkischen Staatsangehörigkeit sogar die Aufenthaltsgenehmigung abhanden kam.
Dresen und Autorin Laila Stieler haben sich für den Film sehr intensiv mit Murats Mutter Rabiye und ihrem Anwalt Bernhard Docke, gespielt von Alexander Scheer, auseinandergesetzt, um die Geschichte detailgetreu wiedergeben zu können.
Meltem Kaptan und Autorin Laila Stieler haben die Berlinale-Jury von ihrem Können überzeugt: Ihre großartige Leistung wurde am Mittwochabend mit zwei Silbernen Bären belohnt.