RE1-Betreiber Odeg ist in der Kritik wegen der Unzuverlässigkeit der Züge. Dabei steht insbesondere der Verkehrsverbund ebenfalls in der Pflicht. Denn die Strecke ist durch den verdichteten Takt der Züge seit Ende 2022 endgültig überlastet.
Die Unzuverlässigkeit des Regionalexpress RE1 steht dauerhaft in der Kritik. Diese betrifft die wichtigste Brandenburger West-Ost-Zugverbindung. Sie verkehrt zwischen Magdeburg über Brandenburg/H. nach Frankfurt/O. beziehungsweise Cottbus. Die Klagen erreichen auch die Grünen-Landtagsabgeordneten Sahra Damus und Clemens Rostock. Beide erörterten kürzlich das Thema mit den Geschäftsführern der Ostdeutschen Eisenbahn (Odeg), Stefan Neubert und Lars Gehrke. Das Privatunternehmen betreibt diese Strecke seit Ende 2022.
„Wir haben uns gefreut, dass die Odeg Lob und Kritik annimmt“, sagt Damus. Grundlage ihres Gesprächs waren die Ergebnisse einer Fahrgastbefragung. Dazu riefen die Brandenburger Grünen Ende 2023 drei Wochen lang auf ihren sozialen Online-Kanälen auf.
Fast 700 Menschen äußerten sich. Nur ein Viertel davon beurteilte die Gesamtleistung mit gut bis sehr gut. Speziell die Zuverlässigkeit benoteten 27 Prozent der Teilnehmer mit Eins und Zwei. Etwa die Hälfte findet den Betrieb befriedigend bis ausreichend. Jeder Fünfte vergab mangelhaft bis ungenügend. Außer Noten zu verteilen, konnten auch Erfahrungen aufgeschrieben werden. Dabei wurden oft Verbesserungen gegenüber vor 2022 erwähnt: Freundlichkeit der Zugbegleiter, bequemere Züge, funktionierendes WLan und die höhere Zugfolge.
Unter den Teilnehmern pendeln etwa 78 Prozent zur Arbeit, zum Studium oder zur Schule. Davon nannte fast die Hälfte Berlin als Zielort, 135 Personen Potsdam. Das ist nicht verwunderlich, denn fast 37.000 Potsdamer arbeiten außerhalb der Stadtgrenze, mehr als 50.000 Menschen kommen beruflich in die Landeshauptstadt. Diese Zahlen aus dem „Pendleratlas“ beruhen auf sozialversicherungspflichtigen Anstellungsverhältnissen, so dass dazu nochmals Studenten und Selbständigen hinzugerechnet werden müssen.
Nach dem „Deutschlandtakt“ genannten Plan von Bund und Ländern sollen bis 2030 doppelt so viele Menschen für Ihre Wege Bahnen nutzen. „Dafür muss das attraktiv sein und funktionieren“, gibt Damus zu bedenken und sieht ihr politisches Wirken im Bereiten von Lösungswegen. Sie erkennt vor allem Abstimmungsprobleme zwischen dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) und der DB Netz. Die seit 1. Januar als DB InfraGo neu aufgestellte Tochter der staatlichen Deutschen Bahn (DB) regelt auf ihren Schienenwegen den Verkehr der DB und der privaten Züge.
Dass die Infrastruktur unbedingt ertüchtigt werden muss, bestätigt auch Karsten Müller. Der Regionalvorsitzende des Deutschen Bahnkunden-Verbands Potsdam-Mittelmark (DBV) nimmt daher die Odeg in Schutz: „Der VBB hat mehr Leistungen über die Berliner Stadtbahn bestellt, obwohl es bereits von DB Netz eine Überlastungsanzeige gab.“ Seiner Meinung nach hätte auch die Deutsche Bahn dieselben Probleme, wenn sie weiterhin diese Strecke betreiben würde. Denn Verspätungen und Zugausfälle häufen sich, seitdem statt bisher zwei nun drei Züge pro Stunde zwischen Brandenburg/H. und Frankfurt/O. verkehren. Der verdichtete Takt kam aufgrund der steigenden Fahrgastzahlen und Forderungen von Lokalpolitikern zustande. Da zur selben Zeit die Odeg den Linien-Betrieb übernommen hatte, fielen die Unregelmäßigkeiten auf diese Privatbahn zurück.
Jedoch möchte der für Finanzen und Marketing zuständige Odeg-Geschäftsführer, Stefan Neubert, „kein stetiges Schimpfen“ auf die Deutsch-Bahn-Tochter anstimmen. Sondern er, Müller und Damus sehen auch den Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) in der Pflicht. Daher wollen die Grünen mit dem VBB und der DB InfraGo sprechen. Aber ein Termin habe sich noch nicht gefunden, sagt Damus. Derweil verliere die Odeg durch die Totalausfälle eine Menge Geld: „Das hat erhebliche finanzielle Auswirkungen“, beklagt Neubert gegenüber Blickpunkt. 7,6 Prozent Zugausfälle gab es 2023, vor allem verursacht durch Bauarbeiten am Netz. Eigene Fahrzeugschäden und Personalprobleme beziffert der Odeg-Chef dabei mit nur 1,7 Prozent. Vor 2022 habe die Odeg dagegen lediglich bis zu zwei Prozent Totalausfälle gehabt.