Das Bürgerbegehren Mietendeckel Potsdam sammelt noch bis Ende Mai Unterschriften
Von „Das hat alles keinen Sinn. Es ändert sich sowieso nichts“ bis „Ich zahle eine verträgliche Miete, aber ich unterschreibe für meine Enkel“ reiche das Meinungsspektrum der Potsdamer zum Thema Mietendeckel, so ein Fazit der Initiatoren des Bürgerbegehrens Mietendeckel Potsdam. Stichprobenartig werteten sie Unterschriften aus und legten dar, dass ihr Anliegen von Männern und Frauen in allen Altersgruppen und aus allen Potsdamer Stadtteilen unterstützt wird. Überdurchschnittlich ist der Zuspruch in Babelsberg, unterdurchschnittlich im Wohngebiet Am Stern. Holger Zschoge vom Netzwerk „Stadt für alle“ erklärt sich das Phänomen damit, dass Am Stern viele Menschen leben, die keine deutschen Staatsbürger und deshalb nicht abstimmungsberechtigt sind. Das Bürgerbegehren in der Landeshauptstadt ist eine Reaktion auf den angespannten Potsdamer Wohnungsmarkt. Seit mehr als zwanzig Jahren steigen die Mieten in Potsdam kontinuierlich an. Inzwischen können sich selbst Haushalte mit normalen Einkommen kaum noch ausreichenden Wohnraum in der Landeshauptstadt leisten. Sie sind inzwischen so hoch wie nur in wenigen anderen deutschen Städten, reichen teilweise bereits an das Münchner Niveau heran, beklagt Holger Zschoge. Die übergroße Zahl der WBS (Wohnberechtigungsschein)-Inhaber könne nicht mit einer Wohnung versorgt werden. Besonders große Wohnungen für Familien und kleine Wohnungen für Single-Haushalte sind rar. Die Leerstandsquote im städtischen Wohnungsbestand liegt seit langer Zeit unter ein Prozent.
Trotz reger Bautätigkeit fehlen noch immer mehr als 10.000 preisgünstige Wohnungen. Zudem hätte gerade in Potsdam das Baugeschehen „keinen positiven Einfluss auf die Mieten, weil hier im gehobenen Segment gebaut wird“, so Lutz Boede von Die Andere, der zu den Mitinitiatoren des Bürgerbegehrens gehört. Das Motto „Bauen, bauen, bauen“ habe gegen den Mietenwahnsinn nicht geholfen, so Holger Zschoge weiter.
Anliegen des Bürgerbegehrens sei es, die Mieterhöhungen bei der kommunalen Wohnungsgesellschaft Pro Potsdam auf ein Prozent innerhalb von fünf Jahren zu begrenzen, was Auswirkungen auf den Mietspiegel hätte. Die ortsüblichen Vergleichsmieten und damit die Mieterhöhungen im privaten Wohnungsbestand könnten gedämpft werden. Im Gegensatz zum Berliner Mietendeckel könne der Potsdamer nicht als verfassungswidrig eingestuft werden. Er greife nicht direkt in die privaten Eigentumsrechte ein, heißt es weiter.
Umstritten sind allerdings die finanziellen Auswirkungen des Begehrens. Mehr als 350 Millionen Euro Einnahmen würden der Pro Potsdam nach offiziellen Schätzungen bis zum Jahr 2050 verloren gehen. Sie könnte dann keine neuen Sozialwohnungen mehr bauen, ihren Wohnungsbestand nicht mehr sanieren und den Masterplan „100 Prozent Klimaschutz“ nicht mehr umsetzen, heißt es. Die Macher des Bürgerbegehrens zweifeln das an. „Viele Bürger halten die Kostenschätzung für lächerlich“, so Anja Heigl, die beim Sammeln der Unterschriften mit Potsdamern das Gespräch sucht.
Für einen Erfolg des Bürgerbegehrens müssen sich zehn Prozent der Wahlberechtigten in die Listen eintragen. Gut 15.000 Unterstützer sind das. Stand Montag fehlten noch knapp 2.000 Unterschriften.Damit diese bis zum Monatsende zusammenkommen, sind die Stände auch in den nächsten Tagen an verschiedenen Orten der Stadt präsent. Genaue Termine und weitere Informationen gibt es im Internet unter www.mietendeckel-potsdam.de.