Die Jobcenter sollen auf Initiative der Bundesregierung anerkannte Flüchtlinge schneller in den Arbeitsmarkt integrieren.
Ein gutes Jahr lang war Maryna Mykolaienko in Potsdam arbeitslos. Im Oktober 2023 bekam sie eine Arbeitsstelle: Die Ukrainerin hilft seitdem Erst- und Zweitklässlern im Hort Sausewind beim Lernen. „Ich habe nicht nur eine gute Arbeit, sondern auch Spaß dabei“, freut sie sich und wurde schon selbst aktiv: Einmal wöchentlich vermittelt sie interessierten Kindern spielerisch Grundkenntnisse der englischen Sprache.
Denn die 33-Jährige Mutter, die mit ihrem neunjährigen Sohn im März 2022 wegen des Kriegs ihre Heimatstadt Kiew verließ, gehört zu jenen gut ausgebildeten Fachkräften, die in Potsdam eigentlich gefragt sind. „Wir brauchen viel Personal wie überhaupt die ganze Branche“, betont Mathias Wendlandt, der beim Berliner Kita-Betreiber, der Fröbel-Gruppe, für Personalgewinnung zuständig ist. Mit dem Halbtagsjob sichert Mykolaienko ihren Lebensunterhalt, aber ihre Miete übernimmt noch das Jobcenter.
Maryna Mykolaienko wurde sofort selbst aktiv
Maryna Mykolaienko sagt, sie habe ein Diplom für deutsche und englische Sprache und früher Nachhilfeunterricht gegeben. Auch sei sie bereits in einer deutsch-ukrainischen Volkstanz-Gruppe aktiv gewesen. Daher stand ihr Fluchtziel sofort fest: „Es muss Deutschland sein.“ Mit ihren Fähigkeiten begann sie bald nach ihrer Ankunft in Potsdam anderen Flüchtlingen zu helfen: „Ich habe Sprachkurse für Kinder organisiert und als Lehrerin in Willkommensklassen unterrichtet“, zählt sie auf. Nun ist sie eine von zwei ukrainischen sogenannten Ergänzungskräften im Hort Sausewind.
Laut Kita-Personalverordnung könne ein Hort 20 Prozent solcher Helfer beschäftigen. Sie müssen nicht unbedingt Erzieher sein, aber dennoch eine Grundeignung besitzen, erklärt Hort-Leiterin Annegret Pannhausen. Diese hat Maryna Mykolaienko, die gerade um die Anerkennung ihres Diploms kämpft. Denn ihr größter Wunsch wäre, wieder als Lehrerin arbeiten zu dürfen.
Den Wiedereinstieg in die pädagogische Praxis ermöglicht ihr das neue Programm der Bundesregierung „Job-Turbo“, das Flüchtlinge früher als bisher in den Arbeitsmarkt integrieren soll. Umgesetzt wird es durch die Arbeitsagenturen und die Jobcenter. Dabei wird die Arbeitsvermittlung nur noch an Deutsch-Grundkenntnisse geknüpft. „Wir verfolgen nicht das Ziel, dass die Menschen fließend Deutsch auf hohem Niveau beherrschen“, sagt der Geschäftsführer des Jobcenters Potsdam, Lars Andresen.
Spracherwerb läuft besser durch Integration in Arbeit
Man gehe nun eher davon aus, dass der Spracherwerb während der Arbeitspraxis und durch neu gewonnene soziale Kontakte besser läuft. Mykolaienko bestätigt das mit einem noch deutlich hörbaren slawischen Akzent: „Das Personal spricht Hochdeutsch mit mir. Das hilft mir, meine Kenntnisse zu verbessern.“ Auch sei es möglich, die Menschen während ihrer Arbeit zu qualifizieren oder währenddessen die Anerkennung ihrer Abschlüsse aus der Heimat voranzutreiben.
Andresen sagt: „Die Ukrainer stehen bei uns im Fokus, weil sie als große Gruppe gekommen sind.“ Ihre Erwerbsquote von derzeit 20 Prozent sei demnach noch ähnlich gering wie bei den übrigen anerkannten Flüchtlingen, die nun ebenfalls vom Job-Turbo profitieren könnten.
Auch der Potsdamer Fröbel-Kita nutzt das Programm. „Bevor wir die Ergänzungskräfte hatten, sind wir an unsere Grenzen gekommen“, meint die Hort-Leiterin. Ihr Team aus sechs Erziehern betreut 90 Kinder, darunter mehr als 50 Mädchen und Jungen aus Migrantenfamilien unterschiedlicher Herkunft. Insbesondere für die Kommunikation mit den nichtdeutschsprachigen Eltern sei das wichtig: „Die Kinder dagegen lernen das in dem Alter ziemlich schnell.“ Aber dennoch bemerke Mykolaienko, dass ukrainische Kinder sie bei Problemen als wichtige Bezugsperson aufsuchen.