Vergessene Vergangenheit: Nahe Großbeuthen gefundene Teile eines abgestürzten Bombers und Tagebucheinträge einer Mutter von 1944 kommen ans Licht.
Dichtes Gedränge in der Heimatstube am Denkmalplatz. Am Sonntag,18. Februar, wurde eine neue Sonderausstellung des Heimatvereins in Zusammenarbeit mit dem Heimatverein Beuthen e.V. eröffnet. Mehr als 50 Besucher, zeitweise um die 70, stehen dicht gedrängt an den Vitrinen und Schautafeln, lesen oder suchen das Gespräch mit den Initiatoren der Ausstellung.
Mucksmäuschenstill wird es, als Gerda Sutter beginnt, Passagen aus dem Tagebuch ihrer Mutter vorzulesen. Gerda Sutter, die Tochter des Apothekers in Trebbin, wurde 1942 geboren. Ihre Eltern sind längst verstorben. Ende vergangenen Jahres bekam sie von ihrem älteren Bruder, der beim Aufräumen war, Aufzeichnungen ihrer Mutter in die Hand. Sie beinhalten nicht nur die ersten zehn Lebensjahre von Gerda Sutter, sondern skizzieren auch die Ereignisse in und um Trebbin während des Zweiten Weltkrieges.
Es sind unter anderem Erinnerungen an die Bombennacht im Januar 1944 und die Tage danach. Es ist genau 3.05 Uhr am 2. Januar, Ort des Geschehens: der Himmel über Trebbin. Das Heulen der Sirene reißt alle aus dem Schlaf. Blitzschnell wird das Notwendigste gegriffen und Schutz in den Kellerräumen gesucht. Neben den Koffern sind Decken, Streichhölzer oder Spaten zu wichtigen Utensilien geworden, die mitgenommen werden. Man hört das dumpfe Grollen der Bomber, die auf Berlin zufliegen und ihre tödliche Last abwerfen.
Infolge eines Fliegerangriffs wurde die Apotheke im Januar 1944 stark beschädigt. Der Weiterbetrieb war zunächst nicht mehr möglich, aber Teile der Einrichtung konnten gerettet werden. Gerda Sutter liest und liest von der staubigen Luft im Keller. Das Atmen fiel schwer. Der vermeintliche Schutzraum wurde beinahe zur Falle. Nur mühsam gelang es, den Weg ins Freie zu finden.
Gerda Sutter legt eine kurze Lesepause ein, blättert in den Aufzeichnungen und liest weiter. Sie berichtet von Flüchtlingen, die aus dem Osten in Richtung Westen strömten, von der grauenhaften Szenerie und auch wie es ihrer Mutter und ihrem Vater auf der Flucht mit drei kleinen Kindern erging. Die Schrecken des Krieges sind beinahe tagesgenau festgehalten.
Derweil ist Bernd Saalfeld vom Heimatverein Beuthen im vorderen Bereich der Sonderausstellung. In detektivischer Kleinarbeit versucht er die Ereignisse bei Großbeuthen zu rekonstruieren. Vor 80 Jahren stürzte hier ein britischer Bomber ab und schlägt in ein nahe gelegenes Waldstück ein. Überlebende gab es nicht. Mit einem Metalldetektor geht Bernd Saalfeld immer noch an die Absturzstelle, die er geheim halten will: „Wir wollen die Sammler von Wehrmachtshinterlassenschaften abhalten, dort nach dem Flugzeug zu buddeln.“ Nur der Kreisarchivar kenne auch die Absturzstelle. Heute noch findet Bernd Saalfeld Metallsplitter unter der Erde.
Er habe seit 2014 für die Orte Klein- und Großbeuthen sowie die nähere Umgebung recherchiert und ein Büchlein „Zwischen Möhrenfeld und Panzerkute“ im Selbstverlag veröffentlicht. Zufällig habe er damals dabei auch genau über die beiden Bomberabstürze berichtet, die Thema der Ausstellung sind.
Für den Beuthener Bomber habe er den direkten Kontakt zur Familie eines der damals tödlich verunglückten Flieger William Jenkins. Er ließ auch einen Gedenkstein bauen, der genau 80 Jahre nach dem Absturz in einer sehr berührenden Gedenkveranstaltung am 2. Januar diesen Jahres vor der Großbeuthener Fachwerkkirche eingeweiht wurde. Die Familie von William Jenkins war dabei.
Derweil laden Mitglieder des Trebbiner Heimatvereins zu einer Tasse Kaffee sowie selbstgebackenen Kuchen ein. So lässt es sich angenehm plaudern und die emotionale Zeitreise in die Vergangenheit Revue passieren.
Gerda Sutter hält die Aufzeichnungen fest in ihren Händen. Es sind Erinnerungen an die Kriegsereignisse, Flucht, Hunger, Todesangst. Das Tagebuch verdeutlicht ihr, wie Vater und Mutter um das Überleben der Familie kämpften, teilweise nicht wussten, was der nächste Tag bringen mag.
Die Ausstellung zeigt Lehrstücke der Vergangenheit und Epochen aus dem Leben der Eltern, Großeltern oder auch schon Urgroßeltern auf. „Sie wird bis Ende Mai zu sehen sein“, so Burkhard Heinrich, der Vorsitzende des Trebbiner Heimatvereins. Geöffnet ist die Heimatstube sonntags von 14 bis 17 Uhr.