Ein Modellprojekt startete am Weltnichtrauchertag in Potsdam. Nach einem Jahr wird Bilanz gezogen.
Es herrscht dichtes Gedränge an der Haltestelle. Die Frau mit Kinderwagen steht mittendrin. Links von ihr und hinter ihr vertreiben sich Raucher die Wartezeit und ziehen an der Zigarette. Die Frau mit dem Kinderwagen wird von dem Qualm umnebelt – ob sie will oder nicht. Das Problem ist nicht neu, gesteht Hans-Jürgen Scharfenberg. Er ist Stadtverordneter in Potsdam und setzte sich bereits vor zehn Jahren dafür ein, dass an Haltestellen in der Stadt rauchfreie Zonen eingerichtet werden. Bodenplakate wurden damals geklebt und waren bald unkenntlich. Die Angelegenheit verlief somit im Sande, vom Tisch war sie jedoch nicht. Am Dienstag ist Hans-Jürgen Scharfenberg wieder vor Ort als die Haltestelle Magnus-Zeller-Platz zur „rauchfreien Wartehalle“ wird.
Die Stadt Potsdam und ihr Verkehrsbetrieb haben nun ein Modellprojekt gestartet. An zehn Bus- und Straßenbahnstationen gibt es nikotinfreie Zonen und gekennzeichnete Raucherareale. Im überdachten Wartebereich darf keine Zigarette mehr glimmen.Potsdams Baubeigeordneter Bernd Rubelt und ViP-Geschäftsführer Uwe Loeschmann stellten das Modellprojekt anlässlich des Weltnichtrauchertages am 31. Mai vor.
Gekennzeichnet werden die Raucherbereiche mit gelben beschrifteten Hinweisplakaten. Dabei hat sich die ViP an der Gestaltung derartiger Bereiche auf Bahnhöfen der Deutschen Bahn orientiert. Außerdem werden Aschenbecher an den Zu- und Abgängen zur Haltestelle angebracht.
„Die Herausforderung dabei ist, dass wir keine rechtliche Grundlage für ein Rauchverbot haben“, erklärte Bernd Rubelt, „um dem Anspruch des Gesundheitsschutzes, aber auch der Sauberkeit der Haltestellenbereiche besser gerecht zu werden, starten wir nun mit dem Modellprojekt. Wir appellieren besonders an die rauchenden Fahrgäste, Rücksicht zu nehmen und sich auch an die räumliche Aufteilung zu halten.“
Uwe Loeschmann ergänzt: „In den ViP-Fahrzeugen gilt seit Jahren ein Rauchverbot.“ Doch an Haltestellen könne der Verkehrsbetrieb nur an die Fahrgäste für einen Rauchverzicht appellieren. „Nunmehr haben wir eine Lösung, deren Praktikabilität wir in den kommenden Monaten gemeinsam testen werden“, so Uwe Loeschmann weiter, „außerdem verfolgen wir mit der Aktion das Ziel, die Haltestellen sauberer zu halten, da weniger Zigarettenkippen achtlos weggeworfen werden.“ Ausgegrenzt oder gar stigmatisiert soll kein Fahrgast werden. Von daher wurde auf die Eingrenzung und strikte Abtrennung sogenannter „Raucherinseln“ verzichtet.
Insgesamt haben die Landeshauptstadt Potsdam und die ViP für das Modellprojekt zehn Haltestellen nach den folgenden Kriterien ausgewählt: hohe Fahrgastzahlen, genug Fläche an der Haltestelle, Kindereinrichtungen und/oder Schulen im Umfeld sowie ein vorhandener Fahrgastunterstand. Neben dem Magnus-Zeller-Platz (Tram und Bus) werden Platz der Einheit (West und Bildungsforum, Tram), Campus Jungfernsee (Tram und Bus), S Babelsberg/Schulstraße (Bus, stadtauswärts), Johannes-Kepler-Platz (Tram), Holzmarktstraße (Tram), Waldstraße/Horstweg (Tram), Fontanestraße (Tram, Einstieg), Kirschallee (Tram und Bus) sowie Hans-Albers-Straße (Tram) zu „rauchfreien Haltestellen“. Die Kosten für die Beschilderung aller zehn Haltestellen inklusive Masten liegen bei rund 7.000 Euro.