OLG: Familie muss Jahre nach fehlerhafter Zwangsversteigerung das eigene Haus abreißen und Tausende Euro nachzahlen
Weil es Fehler bei einer Zwangsversteigerung gegeben hat, soll eine Rangsdorfer Familie nicht nur das Haus abreißen, in dem sie seit Jahren wohnt, sondern auch noch 6.000 Euro nachzahlen. Das hat das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) Ende Juni entschieden. Das Justizministerium strebt nun eine schnelle Einigung mit der betroffenen Familie an.
Die Rangsdorfer hatten 2010 bei einer Zwangsversteigerung ein unbebautes Grundstück im Ort erworben. Die vierköpfige Familie zog im August 2012 in das Haus ein. Im März 2014 hob dann das Landgericht Potsdam den sogenannten Zuschlagsbeschluss auf Veranlassung des früheren Eigentümers auf. Er argumentierte, dass er nicht ordnungsgemäß über die drohende Zwangsversteigerung informiert worden sei. Das aktuelle OLG-Urteil gibt dem Kläger nun in großen Teilen recht. Das bedeutet unter anderem, dass die Familie innerhalb eines Jahres das Grundstück räumen, das Haus abreißen, eine darauf liegende Grundschuld löschen lassen und die besagten 6.000 Euro als Nutzungsersatz zahlen muss. Dieses Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
Kritik daran kommt von der Landtagsfraktion von BVB/ Freie Wähler. Das Urteil rüttele am Gerechtigkeitsempfinden vieler Menschen. Eine Familie, die sich vollkommen korrekt verhalten habe, müsse nun ihren Lebensmittelpunkt räumen, teilte der Fraktionsvorsitzende Péter Vida mit. Das Drama habe nur durch einen kapitalen Justizfehler entstehen können. „Deswegen ist es nun am Justizministerium, den Schaden zu beheben. Der schnellste und menschlichste Weg: Das Grundstück dem Eigentümer abkaufen und der Familie dann kostenlos übereignen. So könnte am schnellsten das erschütterte Vertrauen wiederhergestellt werden.“
Diese Schritte werden im Ministerium bereits vorbereitet. Die Auswirkungen der Entscheidung würden aktuell überprüft, hieß es aus dem Ministerium. Eine bereits eingesetzte Arbeitsgruppe werde das Urteil umfassend analysieren und alle Aspekte berücksichtigen, um eine ausgewogene und gerechte Lösung zu finden. Ministerin Susanne Hoffmann brachte zudem erneut ihr tiefes Bedauern über den Fall zum Ausdruck. „Das Land steht hier in der Verantwortung, die durch den Fehler bei der Zwangsversteigerung verursachten materiellen Schäden zu ersetzen“, bekräftigte sie.
Das OLG-Urteil schaffe eine Grundlage für einen Schadensausgleich durch das Land. „Wir nehmen die Entscheidung zum Anlass, die möglichen finanziellen Ausgleichsansprüche, aber auch weitere Handlungsoptionen mit hoher Priorität zu prüfen. Ich bin zuversichtlich, dass wir gemeinsam mit der Familie eine sachgerechte Lösung finden werden, durch die weiteres Leid vermieden wird“, so Hoffmann.
Bei der Auswertung der Entscheidung werde eine außergerichtliche Regelung der möglichen Amtshaftungsansprüche der Familie angestrebt. Zeitnah eine Lösung zu finden, sei von größter Bedeutung für das Ministerium.