Nach Straßenblockaden und symbolischen Angriffen auf Gemälde gibt es nicht nur Kritik
Der Kartoffelbrei auf der Glasscheibe des Monetgemäldes im Museum Barberini in Potsdam hat weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Nachdem die Letzte Generation kurzzeitig auch für den Tod einer Radfahrerin in Berlin verantwortlich gemacht worden ist, obwohl sich diese Darstellung wenige Tage später als falsch erwies, ist die Diskussion schnell weit abseits der eigentlichen Klimaschutz-Problematik gedriftet.
Grünen warnen vor Gegenreaktion auf Protest
Genau das hatten Potsdams Grüne schon einige Tage vor dem tragischen Unfall in Berlin in einem offenen Brief an die Klimaktivisten bemängelt. „Kompliment, es hat funktioniert: der Weltruhm der Kunstsammlung Plattner und des Museums Barberini in Potsdam hat dafür gesorgt, dass der Angriff auf Monets Heuschoberbild in aller Munde ist; und ja, ebenso die gute Absicht, im Hinblick auf die drohende Klimakatastrophe wachzurütteln. Jenseits der Diskussion darüber, ob das ethisch vertretbar ist, meinen wir: Es ist nicht die richtige Methode“, erklären darin die Fraktionsvorsitzenden Saskia Hüneke und Gert Zöller. „Zunächst ist es hochriskant, die Menschen wie ausdrücklich erklärt auf eine so praktizierte, aggressive Weise bewusst emotional anzusprechen und starke Gefühle zu erzeugen. Die Antwort wird nicht erweiterte Einsicht sein, sondern Gegenreaktion, Diskreditierung der Klimapolitik, Abwendung vom eigentlichen Thema. Prompt kam denn auch der Stadtverordnetenantrag der CDU, den Klimanotstandbeschluss von 2019 wieder aufzuheben, und das ist ja vergleichbar harmlos“, begründen die Grünen ihren Standpunkt.
Parents for Future weisen auf verfehlten Klimaschutz hin
Neben Rufen nach härteren Strafen gegen Klimaproteste, der von anderen Parteien kam, gibt es auch verständnisvollere Stimmen. Mit „die Klimakrise ist das eigentliche Problem, nicht die Form der Proteste!“ ist eine Stellungnahme von 25 Parents-for-Future-Ortsgruppen von Bamberg bis Berlin in dieser Woche überschrieben. „Wie hart die Justiz bereits durchgreift, zeigte sich in den letzten Tagen in München, als internationale Wissenschaftler der Gruppe „Scientist Rebellion“ für mehrere Tage vorsorglich in Gewahrsam genommen wurden und in einem zweiten Verfahren dann auch Aktivisten der Gruppe „Letzte Generation“ (für bis zu 30 Tage). Stattdessen würden aber die durchaus mehrheitsfähigen Forderungen der Klimaschutzgruppe, wie die Fortführung des 9-Euro-Tickets und Tempo 100 auf Autobahnen sowie der unzureichende Klimaschutz, der Grund der Proteste ist, von der Öffentlichkeit kaum behandelt und diskutiert. „Dabei hat der Expertenrat der Bundesregierung gerade wieder unzweideutig festgestellt, dass Deutschland seine Klimaziele mit den aktuell geplanten Maßnahmen krachend verfehlen wird“, heißt es in der Stellungnahme. Die Ortsgruppen appellieren daher an Politiker, Medien und Bürger, „das eigentliche Thema hinter der Kritik an den Protestformen nicht zu verschweigen, sondern die uns alle direkt bedrohende Klimakrise als Grund dieses Protests anzuerkennen“ und für das nötige Umdenken und Umlenken zu sorgen.
Warnung vor Verschiebung der Debatte
„Was gerade passiert, ist keine ehrliche Debatte über Aktivismusformen, sondern Stimmungsmache gegen Aktivismus“, teilte auch Fridays for Future Ende voriger Woche mit. „In der Öffentlichkeit stehen nicht die Diskussionen über ernsthafte Ansprüche an sicheren Klimaprotest, stattdessen werden Verbotsforderungen in den Raum geworfen.“ Dabei gehe es dann nicht mehr darum, mehr Sicherheit zu schaffen, sondern wichtige Proteste zu delegitimieren und die Debatte zu verschieben. „Das ist gefährlich und zynisch: Das Anliegen des Protestes wird durch die Protestform nicht weniger wichtig, und durch die verschobene Debatte wird von eigenen Fehlentscheidungen abgelenkt. Plötzlich sind die Gefährdung durch Scholz’ Entscheidungen und die klimapolitische Verantwortungslosigkeit der Ampel Nebenschauplätze“, teilte Fridays for Future auf seiner Webseite mit.