Der seit 1975 in Kleinmachnow lebende Fotograf Thomas Billhardt zeigte in seinen Bildern oft die Schrecken von Kriegen. Heute verzweifelt er an dem Angriff auf die Ukraine.
Die Bildbände von Thomas Billhardt sind gesuchte Sammlerstücke. Besonders einer: „Die Drushba Trasse“. Das hat einen Grund. Über dieses Geheimnis, das nur wenige kennen, sprach der seit bald 50 Jahren in Kleinmachnow lebende Star-Fotograf im Januar im Berliner DDR-Museum.
Da sich Egon Krenz, Vorsitzender der Jugendorganisation „Freie Deutsche Jugend“ (FDJ), zu oft im Buch wiederfand, mussten Strafgefangene im Jahr 1978 vier Bildseiten heraustrennen. Dafür wurden offizielle Portraits vom DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker und dem sowjetischen Parteichef Leonid Breschnew eingefügt.
Dabei hatten beide Staatsmänner nie die Baustelle der Erdgasleitung besucht. Aber sehr wohl sei Krenz bei diesem FDJ-Aufbauprojekt mehrmals in der Ukraine gewesen. „Er kam gut an bei den Jungs, deshalb war er so oft drin“, schmunzelt Billhardt, der für das Buch selbst fünfmal hinreiste.
Doch es gab auch andere Bilder, die ungedruckt blieben: Etwa Krenz zusammen mit einheitlich in Blauhemden gekleideten Funktionären klar getrennt von den Arbeitern in ihrer Kluft beim Feierabendbier. „Ich musste 2. Wahl liefern“, bedauert Billhardt. Dennoch sind auch die 245 veröffentlichten Fotos von ihm untypisch für die sonst üblichen DDR-Propaganda-Bilder. Seine Arbeiter sind keine heroischen Weltverbesserer, sondern in ihren Lederjacken und im Gestus eher wie Rockstars abgelichtet. Individualität anstatt Stereotype – das ist das Besondere der Fotos des heute 85-Jährigen.
Fotos von Thomas Billhard waren auch im Westen gefragt
Billhardt genoss nicht nur das Privileg, auf Buchcovern mit seinem Namen gleichberechtigt neben dem Autor zu erscheinen, sondern stellte seine Arbeiten auch weltweit außerhalb der sozialistischen Länder aus. Noch bevor Fotografie zur Kunst erhoben wurde, prangte sein voller Name groß auf Plakaten. Er erfuhr daher Neid. „Wer Erfolg in der DDR hatte, der wurde nach der Wende beschimpft.“
Dabei rissen sich auch westliche Magazine wie Life, Paris Match, Stern oder Spiegel um seine Bilder. Zuerst um die aus dem nach der Revolution abgeschotteten Kuba. Später vor allem um die ungeschönten Aufnahmen aus dem Vietnam-Krieg, von denen das Motiv der kleinen Vietcong-Soldatin, die einen abgeschossenen US-Bomberpiloten abführt, zu einer Ikone der Anti-Kriegsbewegung wurde.
„Ich bin verzweifelt, dass man Menschen manipulieren kann, dass sie bomben und morden“, sagt Billhardt auch im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine, die er einst im Frieden an der Trasse erlebte.