Die Stadt hält nach geschichtsträchtigen Büchern Ausschau
Am 7. April 1933 verbrannten Nationalsozialisten auf dem Luckenwalder Marktplatz Bücher der damaligen Bibliothek des Allgemeinen Deutschen Gewerkschafts-Bundes (ADGB) in der Goethestraße 7, heute Jugendzentrum Go7, die sie für „Schundliteratur“ hielten. Doch einige Werke scheinen vor dem Verbrennen gerettet worden zu sein. Daher ist die Stadt auf der Suche nach alten Bibliotheksbüchern, um sie im Rahmen des diesjährigen 90. Jahrestag der Bücherverbrennung für ein paar Wochen auszuleihen und sie besonders wertzuschätzen. Teltow Fläminger die diese literarischen Schätze zu Hause haben, werden gebeten, sich an die Bibliotheksleiterin Heike Rosendahl unter 03371 403340 beziehungsweise an bibliothek@luckenwalde.de zu wenden.
Einst die größte Bibliothek im Land Brandenburg
Das heute als Jugendzentrum Go7 und als Schülerwohnheim genutzte Gebäude wurde 1929 im Auftrag des Gewerkschaftsbundes errichtet, als Bildungs- und Freizeitstätte für junge Menschen. Der ganze Stolz des Hauses war die Bibliothek mit einem Buchbestand von über 4.000 Bänden. Ein 46-seitiger Katalog, der für 50 Pfennig erworben werden konnte, ermöglichte den Nutzern die Übersicht.
Anfang dieses Jahres wurde tatsächlich ein Originalexemplar „Katalog der Bibliothek des Allgemeinen Deutschen Gewerkschafts=Bundes – Ortsgruppe Luckenwalde – Wissen ist Macht!“ an das HeimatMuseum Luckenwalde übergeben. Seitdem wisse man genau, wie sich der Bestand zusammensetzte, erlärt die Stadt auf ihrer Webseite. Die Bandbreite erstreckte sich von Belletristik, Kinder- und Jugendliteratur über die Themenfelder Naturwissenschaft, Volkswirtschaft, Sozialismus, Geschichte und Militarismus, Ratgeber für Gesundheit, Gartenbau, Arbeitsrecht, Genossenschaftsgründung und Erziehung, Berufskunde, Reiseberichte bis hin zu Philosophie und Weltanschauung.
Aus anderer Quelle ist zu erfahren, dass am häufigsten die Antikriegsromane „Im Westen nichts Neues“ von Erich Maria Remarque und Ludwig Renns „Krieg“ ausgeliehen worden waren. Unter den politischen Titeln waren Werke von Bebel, Bernstein, Kautsky und Marx stark vertreten.
Einer der ersten Verbrennungen nach Machtergreifung
„Eine Werbeaktion veranstaltete am gestrigen Abend in unserer Stadt die Hitler-Jugend. Nach 7 Uhr marschierte sie unter Vorantritt der Musikkapelle der Standarte 206 vom Jugendheim in der Lindenallee nach dem Marktplatz“, ist in der Luckenwalder Zeitung vom 8. April 1933 nachzulesen. „Dort hatte sich bereits eine zahlreiche Menschenmenge eingefunden, um der Verbrennung der Schundschriften aus dem Jugendheim beizuwohnen. Auf vier Tragen brachte die Jugend die Schundliteratur herbei, die den Flammen übergeben wurde. Nach Absingung des Horst-Wessel-Liedes erfolgte der Weitermarsch durch die Breitestraße nach dem Tivoli. Dort sprachen Standartenführer Widmayr, Bannführer Stegemann und Sturmbannführer Kaschenz.“
Über die vier Tragen, von denen in der Zeitungsnotiz die Rede ist, konnte nicht der gesamte Buchbestand ins Feuer getragen werden. Auch werden sich einige Bücher damals in der Ausleihe befunden haben. Dennoch ist bis heute kein einziges Buch mehr aufgetaucht, das mit dem Stempel der Bibliothek des Allgemeinen Deutschen Gewerkschafts-Bundes Ortsgruppe Luckenwalde versehen worden war.
Veranstaltung zum Gedenktag
In der Bibliothek im Bahnhof wird am 7. April an die Bücherverbrennungen vor 90 Jahren erinnert. Wer waren die Schriftsteller, die den nationalsozialistischen Machthabern und ihren Helfershelfern als so gefährlich erschienen, dass ihre Bücher öffentlich verbrannt wurden und deren Namen ausgelöscht und vergessen werden sollten? Es sei höchste Zeit, Autorennamen und ihre verbrannten Bücher ins Gedächtnis zu rufen, so die Stadt Luckenwalde.