200-jähriges Jubiläum: Das historische Kircheninstrument wird in Frankenfelde gefeiert. Mit ihren 15 Registern war sie für eine Dorfkirche ungewöhnlich vielstimmig und wies ein gut durchdachtes Klangkonzept auf.
Seit 200 Jahren fasziniert die Turley-Orgel in der Dorfkirche Frankenfelde Menschen von Jung bis Alt. In diesem Sommer wird das Jubiläum des historischen Kircheninstrumentes gefeiert.
Johann Friedrich Turleys Erstlingswerk
Als vor rund 200 Jahren drei Abgesandte aus Frankenfelde nach Treuenbrietzen kamen, um den Orgelbauer Turley aufzusuchen, wurden sie in die Bäckerei geschickt. Hier betrieben Johann Friedrich Turley (1804 – 1855) und sein Vater ihre Werkstatt; der Vater, ein gelernter Bäcker, hatte sich das Orgelhandwerk offenbar selbst beigebracht und die Bäckerei 1814 geschlossen.
Das Instrument in Frankenfelde, 1824 erbaut und ein Jahr später in der Kirche eingeweiht, war das Erstlingswerk des damals gerade 20-jährigen Sohnes Johann Friedrich, der später zum „Königlich-Preußischen Orgelbaumeister“ avancierte. Aufgrund ihrer Einzigartigkeit ist die Orgel denkmalgeschützt.
Wie die Dorfkirche zu ihrer Orgel kam
Zwei Bauern und ein Pastor waren skeptisch, als sie vor Turleys Bäckerladen standen und zweifelten an der Ernsthaftigkeit ihrer Mission. Sie schüttelten die schweren Köpfe, unmöglich, man erlaubte sich mit ihnen einen unschicklichen Scherz. Sie waren schon im Begriff wieder umzukehren und den pfeifenden Jungen, der ihnen die naseweise Auskunft gegeben, zur Ordnung zu rufen oder gar mit einer Ohrfeige zu bedenken. Da erblickten sie Tobias, der gerade mit Johann Friedrich aus der Haustür trat. Er begrüßte sie und fragte nach ihrem Begehr. „Eine Orgel für unsere Kirche“, erwiderte der eine Bauer kurz. „Aber nicht aus Brotteig“, knurrte der zweite grimmig, der immer noch annahm, dass sie zum Besten gehalten würden.
Turley bestärkte jedoch ihr Vertrauen, als er sie in seine Werkstatt führte, wo eine halbfertige Orgel auf sie wartete. Er versprach, bald einen genauen Plan und Kostenvoranschlag zu liefern, da auch sein Sohn im Orgelbau tätig war.
Im Oktober 1824 wurde eine von Turleys Orgeln nach Frankenfelde geliefert. Die Dorfgemeinde empfing das Instrument, das für eine Dorfkirche mit 15 Registern ungewöhnlich vielstimmig war, mit großer Begeisterung. Die Orgel erzeugte eine klare Klangpyramide und wurde zur Orgelweihe von zahlreichen Gästen aus umliegenden Dörfern besucht. Die Kirche war festlich mit Blumen und Tannen geschmückt, konnte jedoch nicht alle Besucher fassen. (Angepasst aus: Arthur Jaenicke - Tobias Turley bäckt Semmeln und baut Orgeln, erschienen am 1. Januar 1963)
Der Zahn der Zeit
Trotz seiner Bedeutung und handwerklichen Güte geriet das Instrument fast in Vergessenheit. Lange Jahre wurde es nur notdürftig erhalten, zuletzt war es nicht mehr spielbar. An der Orgel wurden seit Turleys Zeiten kaum Veränderungen vorgenommen. Zum Glück, weil dadurch ihr besonderer Charakter erhalten blieb.
2017 war die Orgel schon seit Jahrzehnten nicht mehr spielbar gewesen. „Es muss dringend etwas an der Orgel gemacht werden. In zehn Jahren ist es zu spät“, mahnte damals Kreiskantor Peter Michael Seifried. Die Orgel sollte nun generalüberholt werden, damit dieses „Wunderwerk“, wie es im 19. Jahrhundert genannt wurde, wieder erklingt. Da es sich um ein wichtiges Orgeldenkmal handelt, hoffte man in Frankenfelde auf Fördermittel. Doch auch die Restkosten für die Restaurierung konnte die Gemeinde nicht allein tragen.
Turleys Plan vollendet
Ab November 2018 wurde die Orgel in der Karl Schuke Orgelbauwerkstatt GmbH in Berlin restauriert. Die erforderlichen 150.000 Euro waren durch Orgelpfeifenpatenschaften, Spenden und erhebliche Zuwendungen der Denkmalstiftung, der Stiftung Orgelklang, des Kulturministeriums Brandenburg, der Stadt Luckenwalde, der Mittelbrandenburgischen Sparkasse und der Volksbank Raiffeisenbank zusammengekommen. Die Interessengemeinschaft „Orgelfreunde“ fand sich zusammen und legte sich für den Erhalt der Turley-Orgel mächtig ins Zeug, rührte immer und immer wieder die Werbetrommel.
Das 16. Register (10 2/3‘ im Pedal) wurde erst im Zuge der im November 2018 begonnenen Generalsanierung eingebaut. Es gehörte bereits zu Turleys Plan. Er hatte dieses Register mit einer tief klingenden Quinte vorgesehen, um zusammen mit dem 16‘-Violon-Register die Illusion eines 32‘-Subbass-Registers zu erzeugen, für das in einer so kleinen Orgel oder Kirche natürlich kein Platz war. Warum der Einbau damals unterblieb, ist nicht überliefert. Nunmehr ist Turleys Plan jedenfalls vollendet. Im Herbst 2019 konnte die Orgel in Betrieb genommen werden, 2020 wurde sie wieder eingeweiht.
Kunst und Klänge in der Dorfkirche
Das 200-jährige Orgeljubiläum wird in diesem Jahr feierlich begangen. Am Sonntag, 26. Mai, findet ein Festgottesdienst mit Orgelspiel in der Dorfkirche Frankenfelde statt. Die Predigt hält Superintendentin Dr. Katrin Rudolph, die Liturgie von Pfarrer Steinker und das Orgelspiel von Hanna Maria Hüttner und Udo Wöhrmann. Beginn ist um 14 Uhr. Anschließend wird zu Kaffee und Kuchen eingeladen und Orgelbaumeister Rainer Nass von der Firma Schuke hält einen Vortrag zur Orgelrestaurierung. Kreiskantor Manuel Gera lädt zu einem Orgel-Improvisations-Konzert ein.
Weitere Veranstaltungen wie ein Orgeltheater, Festkonzerte und ein Orgel-Entdecker-Tag für Kinder sind geplant. Zum Klang der Turley-Orgel, ein Meisterwerk des Orgelbaus, sind Musikliebhaber zu den verschiedenen Höhepunkten eingeladen.