Grüne befürworten Abriss mit Verweis auf benötigten Wohnraum
Der Staudenhof in Potsdams Innenstadt soll weichen, um Platz für Wohnbebauung, Geschäfte und mehr im historischen Erscheinungsbild im sogenannten Block V zu machen. Nachdem die ProPotsdam vor einigen Wochen den Zeitplan für Leerzug, Abriss und Neubau vorgestellt hat, formiert sich nun erneut Widerstand gegen den Abriss.
Viele Unterstützer für Rettungsaufruf
Ein Aufruf, der von Vertretern der Potsdamer Zivilgesellschaft sowie von Experten aus Wissenschaft und Architektur gestartet wurde, ist innerhalb kurzer Zeit von einer großen Zahl von Unterstützern unterzeichnet worden. Darunter ist unter anderem der Klimaforscher Prof. Hans Joachim Schellnhuber, der mit dem von ihm initiierten Bauhaus der Erde erreichen will, dass Holz künftig Beton als Baustoff ablöst. Ziel des Aufrufs ist es, das 1972 erbaute Wohn- und Geschäftshaus vor dem Abriss zu bewahren. Beim Neubau des geplanten „Block V“ würden die CO₂-Emissionen von 40.000 Bäumen freigesetzt und zusätzlich knappe Ressourcen und Energie verbraucht werden, argumentieren die Staudenhof-Retter. „Dabei würde kein weiterer Nutzen entstehen, der nicht auch mit einem Umbau erreicht werden könnte“, heißt es auf der Webseite staudenhof-info. Stattdessen könne anhand des Gebäudes gezeigt werden, wie Gebäude und Städte im Zeichen des Klimawandels weitergedacht werden können – mit dem Staudenhof als klimafreundlichem und sozialverträglichem Modellprojekt. Das wäre ein „Zeichen der dringend benötigten Bauwende von nationaler und internationaler Bedeutung“, so der Aufruf.
Grüne stehen zu Abriss-Plänen
Selbst Stadtverordnete sind unter den Unterzeichnern. Doch lange nicht alle unterstützen den Ansatz. Ausgerechnet der Grünen-Kreisverband und die Stadtfraktion stellen sich hinter die Abriss-Pläne. Sie verweisen auf einen parteiinternen Beschluss von April 2021, in dem nach einem umfangreichen Diskussionsprozess zugestimmt worden war, dass die bestehende Bebauung des Staudenhofs in Block V des Sanierungsgebiets Potsdamer Mitte abgerissen und neu bebaut werden kann. „Besonders überzeugt hat uns – damals wie heute – die Chance, mit einem Neubau direkt in der Potsdamer Mitte zusätzlichen, auf 75 Prozent der Nutzfläche geförderten und somit belegungsgebunden flexibel nutzbaren Wohnraum zu entwickeln“, begründet der Kreisvorsitzende Ken Gericke den Standpunkt der Partei. „In der Potsdamer Mitte geht es uns als Bündnisgrünen ganz klar um die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, eine ökologische Bauweise und eine wirtschaftliche Umsetzung des Projekts in einen Einklang zu bringen.“
Sanierungsziele verpflichten zu Holzbau bei Neubau
Zudem weisen die Grünen darauf hin, dass die Sanierungsziele für den Block V die ProPotsdam unter anderem dazu verpflichten, durch ökologische und nachhaltige Bauweisen wie beispielsweise den Holzbau sowie durch die Nutzung von Recyclingbaustoffen den aktuellen Herausforderungen an den Klimawandel entsprechend zu planen und zu bauen. „Wir Bündnisgrüne wollen an diesem prominenten Standort anhand des Staudenhofs zeigen, wie hohe ökologische Standards und bezahlbares Wohnen im innerstädtischen Bereich gemeinsam verwirklicht werden können“, betont auch die Kreisvorsitzende Katharina Erbeldinger. „Für all das nehmen wir die – isoliert betrachtet – ungünstigere Klimabilanz des Abrisses und Neubaus bei diesem Objekt in Kauf.“
ProPotsdam-Chef: "Ende des Lebenszyklus erreicht"
Angesichts der aktuellen öffentlichen Diskussion um den Abriss hatte die bündnisgrüne Stadtfraktion jüngst auch ProPotsdam-Geschäftsführer Jörn-Michael Westphal in ihre Fraktionssitzung eingeladen. Der habe noch einmal betont, dass der Staudenhof aus Sicht seines Unternehmens das Ende seines Lebenszyklus erreicht habe und auch ohne einen Abriss umfangreiche Eingriffe in das Gebäude notwendig wären, um es an die aktuellen Anforderungenvon Wohn- und Arbeitsverhältnissen anzupassen.