Potsdams Grüne wollen Bundestag und Bundesrat einschalten
Die Sportfläche des Eisenbahner-Sportverein (ESV) Lokomotive Potsdam soll verkauft werden. Der Eigentümer, das Bundeseisenbahnvermögen (BEV), ruft dabei einen Preis auf, der es der Stadt Potsdam unmöglich macht, von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen. In einem Gutachten wurde der Marktwert auf 5,6 Millionen Euro festgesetzt. Von diesem Preis abzurücken, sei nicht möglich, weil das Grundstück „keine anerkannte Sozialeinrichtung des BEV“ sei. Allerdings stehe dazu noch eine gerichtliche Entscheidung aus. Dabei geht es darum, ob genügend Eisenbahner im Eisenbahnersportverein Mitglied sind.
Traditionsverein droht das Aus
Dem Verein, der 1.300 Mitglieder in 14 Abteilungen hat, droht nach eigenen Angaben nicht nur der Verlust der von ihm seit 1951 genutzten Fläche, sondern auch eine jährliche Pachtforderung in sechsstelliger Höhe – und das rückwirkend bis ins Jahr 2019. Das wäre das unweigerliche Aus, schreibt der ESV auf seiner Webseite. Zudem läuft der Pachtvertrag mit dem Verein nur noch bis zum Jahr 2025. „Sollte es bis dahin nicht gelingen, das Grundstück zu einem realistischen Verkehrswert an die Landeshauptstadt Potsdam zu übertragen, stehen der Verein und die traditionsreiche Sportstätte vor dem Aus“, heißt es in der Petition, die zum Erhalt des Platzes auf change.org gestartet wurde. Wer diese unterstützen möchte, findet sie auf bit.ly/Esvlok.
Auch Potsdams Bündnisgrüne fordern, die Sportflächen für die Stadt zu erhalten und wollen dafür auch Bundestag und Bundesrat einschalten. Denn angesichts des aufgerufenen Preises wird von einer künftig anderen Nutzung ausgegangen, wie auch Grünen-Vorstandssprecherin Katharina Erbeldinger vermutet. „Bei einem Verkauf an den Höchstbietenden ist davon auszugehen, dass hier der Verein und die Sportflächen verschwinden und teurer Wohnbebauung Platz machen muss.“ Die Bündnisgrünen wollen daher alle Hebel in Bewegung setzen, um die Fläche für die Bürger der Stadt zu erhalten. „Mit der Bundesebene sind wir dazu bereits im Gespräch. Laut Bundeshaushaltsordnung muss der Bundestag und der Bundesrat bei der Entscheidung über den Verkauf eines so besonderen Grundstücks beteiligt werden. Um dieses Recht zu wahren, ist es unumgänglich, dass die beiden sich widersprechenden Wertschätzungsgutachten durch die BEV zugänglich gemacht werden“, so Erbeldinger.
Gutachten mit Millionenplus
Denn das Gutachten zum Verkehrswert, das vom BEV als Richtwert herangezogen wird, liegt deutlich über den 1,7 Millionen Euro, die noch 2018 in einem Gutachten ermittelt worden waren. Der ESV, der den Platz seit 1990 in vollständiger Eigenverantwortung betreibt, bemüht sich bereits seit 2004 vergeblich darum, den Sportplatz zu erwerben. 2020 hatten die Stadtverordneten beschlossen, das Sportgelände zu kaufen und dem Verein per Erbbaurechtsvertrag für den Sportbetrieb zu übertragen. Bei einem Preis von 5,6 Millionen Euro könnte sich die Stadt aber nicht leisten, von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zu machen.
„Das intransparente Vorgehen der BEV gefährdet eine der größten sportlichen Einrichtungen in Potsdam und verkennt, dass Vereinssportstätten ein bedeutender Teil der sozialen Infrastruktur einer Kommune sind“, sagt die direkt gewählte grüne Landtagsabgeordnete Marie Schäffer. „Der ESV LOK Potsdam und die Stadt haben ein Recht auf ein transparentes und rechtskonformes Verfahren und müssen die Chance bekommen, den Platz für die Stadtgesellschaft zu erhalten.“
Unterstützung erhält der Verein derzeit von vielen Seiten. Der RBB hatte mit dem blauen Robur-Bus von der Protestveranstaltung in der vorigen Woche berichtet, bei der rund 500 Unterstützer ihrer Forderung Nachdruck verliehen hatten. Auch Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert hatte sich dort für eine schnelle Lösung ausgesprochen.