Teltower Schüler schreiben Weihnachtsbriefe an pflegebedürftige Senioren - und werden mit ihrem "Weihnachtsmärchen" zu Überbringern einer frohen Botschaft in der Tristesse des Corona-Alltags.
Hendrik Bössenrodt leitet die Seniorenresidenz Heilig Geist Park in Potsdam - eine der wenigen, die es bislang ohne größere
Zwischenfälle durch die Coronapandemie geschafft haben. In der vergangenen Woche überraschte ihn seine 16-jährige „Bonustochter“ Lia - sie leben in einer Patchwork-Familie - mit einer Idee aus ihrer Schule, dem Immanuel-Kant-Gymnasium in Teltow: Gemeinsam mit der Leiterin des Instagram-Teams hatten sich die Schüler überlegt, Senioren, die wegen der Corona-Schutzmaßnahmen zum zweiten Mal ein recht einsames Weihnachtsfest erleben, mit Weihnachtskarten und -briefen eine Freude zu bereiten. Alle Schüler, Lehrer und Eltern des Gymnasiums waren aufgerufen, bei diesem Projekt mitzumachen.
In der Heilig-Geist-Residenz hat es zwar dank eines ausgefeilten Hygienekonzepts und großer Impfbereitschaft bei Bewohnern und Personal nie ein Besuchsverbot gegeben, dennoch wollte Hendrik Bössenrodt die Idee sofort unterstützen. Denn auch in seinem Haus könne es Angehörige geben, die sich zum Schutz der Liebsten nicht trauen zu Besuch zu kommen. Und manche Senioren haben auch gar keine Angehörigen mehr. In der Residenz leben 60 Bewohner in der Pflege und 60 weitere im Betreuten Wohnen.
Aus der anfänglich kleinen Idee ist schnell ein großes Projekt geworden, denn Schulleiter Dr. Jörg Dietze hat spontan entschieden, neben den Schülern auch alle Eltern anzuschreiben, damit sie sich an der Aktion beteiligen. Die Schüler selbst werben auf dem Instagram-Account der Schule mit einem eigenen Trailer für ihr Projekt.
Am 17. Dezember konnten sie ihre Weihnachtspost endlich in einer großen roten Box übergeben. "So haben wir noch genügend Zeit, unseren Bewohnern die Briefe vorzulesen", freut sich Bössenrodt. Mehr als 200 Briefe sind zusammengekommen. Die "überschüssigen" wurden unter den Bewohnern der Josephinen-Wohnanlage persönlich verteilt, die durch die Kündigungen im Oktober eh schon gebeutelt seien, erklärt der Residenzleiter. Den Bewohnern im Betreuten Wohnen haben die Heilig-Geist-Mitarbeitenden ihre Briefe mit einem "Weihnachtswagen" an ihrer Wohnungstür persönlich übergeben, natürlich mit dem Hinweis, sie erst Heiligabend zu lesen.Viele Senioren seien zu Tränen gerührt gewesen, als ihnen die Briefe übergeben wurden, erzählt der Geschäftsführer.
Die Briefe für die Bewohner in der Pflege werden bis Weihnachten einzeln von den Mitarbeitenden vorgelesen, da viele pflegebedürftige Senioren nicht mehr selbst lesen können. "Ich bin total begeistert und gerührt, dass sich die jungen Menschen, die in der Coronazeit so viel Entbehrungen haben, trotzdem Gedanken für Andere machen und auch an die alten Menschen in Pflegeeinrichtungen denken", betont Henrik Bössenrodt und lobt das vorbildliche Solidaritäts- und Gemeinschaftsdenken, das vielen Erwachsenen gerade in Bezug auf die Impfung fehle. "Wieder sind es die Kinder und Jugendlichen, die diesen Gemeinschaftsgedanken verfolgen und Verantwortung für uns Erwachsene übernehmen."
Für die Residenz und ihre Bewohner kommt die Aktion einem modernen Weihnachtsmärchen gleich. Deshalb glaubt Bössenrodt, dass einige Schüler bald Antworten von den Senioren aus Potsdam bekommen könnten.