Lange lag das Gelände des ehemaligen Gaswerks in Babelsberg brach, zuletzt war es Zuflucht für Obdachlose. Jetzt ist ein Bebauungsplan in Arbeit.
Das Industriegelände zwischen Rudolf-Breitscheid- und Johannsenstraße direkt unterhalb der Nutheschnellstraße war seit 1870 ein Industriestandort. Bis 1924 stand hier ein Gaswerk zur Versorgung von Nowawes und Neuendorf, 1890 kam eine Textilfabrik hinzu, die bis 1930 betrieben wurde. Durch die industrielle Nutzung sind zahlreiche Schadstoffe in den Boden eingedrungen, einige Bereiche müssen deshalb komplett abgetragen werden, hieß es bei einer Vorstellung der Pläne für das Areal im Rahmen eines öffentlichen Werkstattverfahrens in der vergangenen Woche.
Das Oberlinhaus möchte auf dem Gelände einen Medizincampus und barrierefreie Wohnungen unter anderem für Menschen mit Behinderungen und Senioren errichten. Außerdem sollen eine Schule und eine Kita als Ersatzneubau für die Kita des Oberlinhauses entstehen. Mit den ersten Planungen wurde das renommierte Büro des Schweizer Architekten Max Dudler beauftragt, das eine hohe Verdichtung in Form einzelner Blöcke mit begrünten Innenhöfen vorsieht. Das gesamte Gelände soll dabei autofrei bleiben und mithilfe grüner Achsen sowohl in Ost-West-, als auch in Nord-Süd-Richtung für Fußgänger und Radfahrer geöffnet werden. So könnte beispielsweise über die Voltastraße eine Verbindung zum S-Bahnhof Babelsberg entstehen. Potsdams Chefstadtplaner Erik Wolfram zeigte sich erstaunt über diese Idee, die Verbindung habe es noch nie gegeben.
Wenig Zuspruch gab es von den Beteiligten für die unterirdisch geplanten 220 Autostellplätze, die auch für Mitarbeitende und Besucher der Oberlin-Einrichtungen gedacht sind. Eine solche Planung sei nicht mehr zeitgemäß, hieß es, zumal Potsdam seine Stellplatzordnung dahingehend revidiert hat, dass nur noch vereinzelt Plätze nachgewiesen werden müssen und der Campus durch S-Bahn, Tram und Busse hervorragend angebunden sei. Auch im Bezug auf die Schule gibt es offenbar noch Unklarheiten - wobei die größte Schwierigkeit in der derzeitigen Nutzung des vorgesehenen Grundstücks liegt, das der mittelmärkischen Busgesellschaft Regiobus gehört und von ihr als Depot genutzt wird. Wann es für eine Bebauung zur Verfügung stehe, könne noch nicht gesagt werden.
Die Stadt wünscht sich hier eine Förderschule, die auch gut in das Konzept von Oberlin passen würde. Vor allem soll der Schulbau aber auch als Schallschutz für die sich nördlich anschließende Wohnbebauung dienen. Aufgrund des Platzmangels sei eine Nutzung des Schuldaches für Sportflächen denkbar, erklärte Björn Werner vom Büro Max Dudler. Der mittlerweile parteilose Stadtverordnete und Chef des Wirtschaftsrates, Götz Friederich, kritisierte mehr noch als die Dichte die klotzartige Bauweise, die Dudler in ersten Entwürfen vorsieht, und einen Mangel an Gewerbeflächen. Dem entgegnete Oberlin-Vorstand Andreas Koch, dass neben Medizin-Einrichtungen, zum Beispiel für ambulante OPs, die man gemeinsam mit dem Sankt-Josef-Krankenhaus durchführen wolle, auch ein Café und ein Waschsalon geplant seien.
Dass Häuser ohne Spitzdach nichts mit Babelsberg zu haben, betonte der Projektentwickler Wolfhard Kirsch, der für das Bürgerbündnis in der Stadtverordnetenversammlung sitzt. Daran ändern für ihn auch die geplanten roten Klinker nichts, die das historische Oberlingelände spiegeln sollen. Björn Werner erklärte, dass die Flachdächer als Retentionsflächen für Regenwasser genutzt werden müssen, das kein Wasser in die Kanalisation eingelassen werden dürfe. Viele Unstimmigkeiten, Eines steht jedoch bereits fest: Durch grüne Orte für Begegnungen und Freiräume im öffentlichen Raum und in den Höfen sollen dem Areal die Angsträume genommen werden, die dort über viele Jahre entstanden sind.
Bis zum 21. Februar können Interessierte die Unterlagen auf www.potsdam.de/bebauungsplan-nr-166-glasmeisterstrasse im Downloadbereich einsehen und per E-Mail an bauleitplanung@rathaus.potsdam.de kommentieren.