Stellenwert von Kunst und Kultur: der Beteiligungsprozess für eine neue Strategie ist gestartet. Weitere innovative Partner sind eingeladen.
Ein stimmungsvolles Konzert, berührendes Theater, aufregendes Ballett, eindrucksvolle Malerei, bedeutsame Denkmale – die Liste ließe sich lange fortsetzen. Dass Kultur eine gute Resonanz erfährt, ist wichtig. Doch wohl noch wichtiger ist das, was jeder von uns „mitnimmt“, denn: Kultur regt an. Kultur bereitet Freude ebenso wie sie Fragen aufwirft. Sie schafft Anlässe zum Nachdenken, Besinnen, Reflektieren.
In der Landeshauptstadt Potsdam ist am vergangenen Wochenende ein Beteiligungsprozess für eine neue kulturpolitische Strategie gestartet. An der Auftaktveranstaltung waren den Angaben zufolge 130 kulturelle Akteure beteiligt, darunter hauptberuflich wie auch ehrenamtlich Kulturschaffende, Solo-Selbständige sowie Mitarbeiter von Kulturorganisationen und -vereinen. Die thematischen Arbeitsgruppen verteilten sich auf die fünf Schwerpunkte Kulturförderung; Stadtentwicklung, Kultur- und Kreativwirtschaft; Kulturelle Bildung und Teilhabe; Kommunikation und Marketing; Open Space und Ideenwerkstatt.
Dabei ging es unter anderem um die Frage: Müssen Kulturschaffende in die Stadtteile gehen, um Zielgruppen zu erreichen? Wie erfolgen Kommunikation und Marketing? Erfolgt die Förderung unter nachhaltigen Aspekten? Ein Ziel könnte hier beispielsweise sein, statt der bislang einjährigen Bewilligung mehrjährige Verbindlichkeiten zu ermöglichen, was wiederum Planungssicherheit für die Organisatoren schaffen würde, die langfristigere Verträge mit Künstlern abschließen könnten. Dr. Birgit-Katharine Seemann, Fachbereichsleiterin Kultur und Museum, denkt in diesem Zusammenhang etwa an den Festivalbereich, wie beispielsweise Localize oder die Potsdamer Tanztage.
Weitere Fragen, denen nachgegangen werden soll, sind: Wie sollte ein Kulturquartier im Stadtteil ausgestattet werden? Wer sind die Nichtbesucher? Auch das Thema Kinder und Jugendliche spielte in den Gesprächsrunden immer wieder eine große Rolle, betonte Birgit-Katharine Seemann.
„Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass so viele unterschiedliche kulturelle Akteur*innen unserer Einladung gefolgt sind und ihre Expertise mit viel Engagement in die thematische Diskussion eingebracht haben. Es ist nochmal deutlich geworden, dass Kultur einen hohen Stellenwert in unserer Stadt hat und sie deshalb unbedingt als strategisches Ziel definiert werden müsste“, so Potsdams Kulturbeigeordnete Noosha Aubel.
Kunst und Kultur bringt Menschen zusammen
In einem weiteren Schritt sollen Potsdamer Bürger aufgerufen werden, an der kulturpolitischen Strategie mitzuarbeiten. Die neue Strategie soll bis zum Sommer 2023 entwickelt und der Stadtverordnetenversammlung zur Entscheidung vorgelegt werden. Den Vorstellungen der Kulturbeigeordneten zufolge sollte das Strategiepapier den Zeitraum 2023 bis 2028 umfassen.
Bei der Entwicklung kooperiert die Landeshauptstadt mit dem Studiengang Kulturarbeit der Fachhochschule Potsdam. Professor Dr. Julia Glesner, Leiterin des Studiengangs, spricht im Nachgang zu den Gesprächsrunden von einer großen Produktivität und Innovation, die sichtbar wurden.
Etappenweise Erarbeitung
Wie geht es nun weiter? Die Beteiligungsphase wird bis zum Sommer/Frühherbst 2022 angesetzt. Das bedeutet im Februar/März 2022 wird in den fünf gebildeten Arbeitsgruppen die Arbeit aufgenommen. Im April/Mai sind thematische Workshops unter anderem zu den Themen Nachhaltigkeit, Digitalität, Diversität und auch zum Umgang mit dem postkolonialen Erbe geplant. Die Ergebnisse, die hier erarbeitet werden, fließen in Arbeit der Arbeitsgruppen ein. Zusätzlich soll es mindestens einen runden Tisch zum Thema Soziokultur- und Stadtteilkulturarbeit geben. Zum Herbst 2022 werden Kulturakteure der Landeshauptstadt eingeladen, den ersten Entwurf des Strategiepapiers in einer Plenumsveranstaltung zu diskutieren.
„Wir wollen stark partizipativ arbeiten und die Expertise der großen Vielfalt der Kulturlandschaft nutzen“, so die Kulturbeigeordnete Noosha Aubel. „Bedauerlicherweise“ sei Kultur bislang kein strategisches Ziel, führte sie weiter aus, sollte es aus Sicht vieler Akteure jedoch sein. Erklärtes Ziel sei es, der Kultur in der Landeshauptstadt einen höheren Stellenwert zu verschaffen, damit es nicht mehr vorschnell in die Ecke des „Nice-to-have“ geschoben werden könne.