Oftmals noch ein Tabuthema: Verlassenwerden durch die eigenen Kinder und die damit verbundenen Gefühle, wie Trauer, Scham, Angst, Zweifel. Annett Schulz hat es selbst erlebt und zeigt Wege aus dieser Lebenskrise auf.
Wir schreiben das Jahr 2015. Annett Schulz wird plötzlich von ihrem eigenen Kind abgelehnt. Darauf reagiert sie schwer gekränkt. Die Tränen fließen, sie leidet. Enttäuschte Erwartungen, gekränkte Eitelkeit und Eifersucht auf den im Moment beim Kind beliebteren Vater verstärken das Gefühlschaos weiter. Eine Art Ohnmacht, ein Gefühl des Versagens breiten sich aus.
Aber, ist sie wirklich eine Versagerin? Annett Schulz ist heute 44 Jahre, aufgewachsen in Luckenwalde und lebt seit 1997 in Berlin. Bis zu jenem Tag, an dem die Tochter sie verließ, liest sich ihre Biografie wie eine Bilderbuchkarriere: ein Studium zum Bauingenieur und 14 Jahre als Projektmanagerin für Großbauvorhaben tätig. Der Arbeitstag ist lang, fordert sie. Sie ist viel unterwegs, managt einiges von Unterwegs, will allen Gefallen und neigt offenbar zum Perfektionismus. Und jetzt das - die Tochter hat sie verlassen.
Ein Moment, den Eltern oftmals ungern Herbeisehnen, sich aber dennoch Schritt für Schritt darauf vorbereiten können. Bei der Autorin Annett Schulz war es ganz plötzlich, quasi von heut auf morgen. Zehn Jahre war sie mit der Tochter allein erziehend. Jetzt im Alter von 11 Jahren ist das Mädchen zu ihrem Vater gezogen. Es scheint unbegreiflich. Nach Zeiten des Sich-Versteckens gelingt es ihr, Ursachenforschung zu betreiben und den Motiven für die vermeintliche Ablehnung auf den Grund zu gehen. „Duu Aaarme!“ heißt es dazu in einem Abschnitt in dem Buch. „Können Sie den Klang hören? Die Vibration spüren? Besonders, wenn man das „u“ vom Du und das „A“ von Arme so schön in die Länge zieht? Oh, wie schön der Satz klingt und schwingt. In einer Melodie aus viel Schwere. Ja, er klingt schön. In gewissen Momenten, zu gegebener Zeit.“
Sie stellt sich die Frage: Wie ungerecht kann das Leben nur zu mir sein? Warum passiert mir das? Annett Schulz nimmt den „Opferzustand“ nicht als Dauerzustand an, macht sich auf einen langen Weg. Einen Weg zu sich selbst.
Die Autorin will mit ihrem Buch Mut machen, inspirieren und jene Menschen unterstützen, die sich ebenfalls schämen, die sich klein und hilflos fühlen.
Annett Schulz selbst ist seit 2017 als ganzheitliche Life-Balance-Coachin tätig. Die 44-Jährige liebt es zu reisen, die Natur, fotografieren, schreiben und ihre Hündin Luna.
Die Tochter ist mittlerweile 17 Jahre alt. Sie lebt seit einem Jahr in ihrer eigenen Wohnung und Mutter und Tochter haben seit 2018 wieder Kontakt.