Nicht nur für Zugezogene braucht Potsdam neue Wohnungen. Ein umsichtiges Flächenmanagement und der Einsatz nachhaltiger Baumaterialien sind dabei unumgänglich. Doch trotz zahlreicher Willensbekundungen seitens der Stadt und der Genossenschaften werden kaum nachwachsende Rohstoffe wie Holz bei Bau von Mehrfamilienhäusern eingesetzt. OB Mike Schubert wünscht sich vor allem platzsparende Überbauungen von bereits versiegelten Flächen.
Die Landeshauptstadt ist bekanntlich ein Opfer ihrer eigenen Attraktivität. Der Standortvorteil inmitten der Havelseen wird für manche Alteingesessene eher zum Fluch als zum Segen, da gerade diese Lage viele zahlungskräftige Zuzügler anlockt, die die Filetstücke unter sich aufteilen. Damit die Wohnkosten nicht ins Unermessliche steigen, braucht Potsdam Wohnungen - und zwar dringender als je zuvor. Denn auch für diejenigen, die in der Stadt aufgewachsen sind, muss der Wohnraum bezahlbar bleiben, sagt Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) heute genauso wie vor seiner Wahl im Jahr 2019.
Eine schnelle und ökologisch sinnvolle Variante wäre die Holz-Modulbauweise, die mittlerweile auch in Brandenburg bei Mehrfamilienhäusern erlaubt ist. Dennoch tun sich sowohl die städtische Bauholding ProPotsdam als auch die Wohnungsbaugenossenschaften noch schwer mit dem ökologischen Baustoff, der auch den Vorteil bietet, mit vorgefertigten Bauteilen ganze Häuser in Rekordzeit aufstellen zu können. In anderen Ländern hat man den Wert des Holzes früher erkannt, das führt mittlerweile auch bei diesem Material zu Rekordpreisen in deutschen Sägewerken.
Potsdams OB spricht sich zwar für eine solche Bauweise aus, wiegelt aber auch wieder ab und betont, dass „ökologische Materialien eine hohe Traglast haben müssen, um Beton zu substituieren“: eine Befürchtung, die man von vielen Seiten hört. Außerdem müsse auch bei den Dämmmaterialien an nachhaltige Alternativen gedacht werden. Kurz nach seinem Amtsantritt hat Schubert gemeinsam mit Sozialdezernentin Brigitte Meier Quartiere mit ökologischem Vorbildcharakter in München besucht.
Bayern machts vor, Brandenburg zögert
Dort wurde berets 2016 im Rahmen des Sozialen Wohnungsbaus ein fünfstöckiges Gebäude auf dem Parkplatz eines öffentlichen Schwimmbads in Holzsystembauweise fertiggestellt. Um Platz zu sparen, hat man den Parkplatz einfach überbaut, dabei jedoch nur wenige Stellplätze verloren, denn das Erdgeschoss ist wieder Parkfläche geworden. Im Münchner Beispiel kommen viele Vorteile zusammen: Die dringend benötigten Wohnungen wurden zu einer für die bayerische Metropole rekordverdächtig niedrigen Miete von 9,40 Euro pro Quadratmeter vergeben, es wurde keine neue Fläche versiegelt und der Einsatz nicht nachwachsender Rohstoffe wurde minimiert.
Eine solche Überbauung bereits versiegelter Flächen wünscht sich Schubert auch für Potsdam. Denn was in der Stadt am meisten fehlt, sind verkehrlich gut erschlossene Grundstücke mit Zugang zu bestehenden Schulen und Kitas. Würden jedoch beispielsweise Garagengrundstücke, die seit Jahren im Besitz der Stadt sind, überbaut, könnten nach dem Münchner Beispiel auf nachhaltige Weise neue Wohnungen entstehen und Parkplätze bestehen bleiben. Das wäre auch bei Verwendung traditioneller Baumaterialien wie Beton ein erster Schritt hin zu mehr Wohnraum ohne Flächenverschwendung und Stadterweiterung in den ländlichen Raum. Ähnlich sieht es bei überbauten Einzelhandelsgeschäften wie dem Aldi-Markt in der Georg-Herrmann-Allee aus: Discounter, Parkhaus und Wohnungen im gleichen Gebäude.
Eines ist klar: Weder Flächen, noch Kies, Sand und Kalk als Rohstoffe für Beton wachsen nach und die Baukosten steigen unaufhörlich. Ein Umdenken auf ganzer Linie ist deshalb dringend erforderlich. Die Zurückhaltung von Stadt und Bauherren im Bezug auf den bislang günstigeren und zeitsparenden Rohstoff Holz im Sozialen Wohnungsbau wird unter anderem von Baudezernent Bernd Rubelt mit Brandschutzvorschriften begründet. Er könnte jedoch helfen, das Ziel des städtischen Masterplans „100 % Klimaschutz“ zu erreichen.
Das denkt auch die Grünen-Politikerin Saskia Hüneke, langjährige Stadtverordnete und seit dem Ende der 1980er Jahre in der Potsdamer Stadtentwicklungspolitik engagiert. Eine ökologische Bauleitplanung sieht sie als gute Grundlage für die Zukunft. Gleichzeitig fordert sie, ökologische und soziale Gesichtspunkte generell in die Vergabekriterien bei Grundstücksverkäufen einzuschließen. Um mehr Wohnraum bei geringerem Flächenverbrauch zu schaffen, spricht sich Hüneke auch für den Abriss des Staudenhofs und einen geförderten Neubau an gleicher Stelle aus. „Über Nacht“ sei eine Umsetzung aller Klimaschutz-Forderungen jedoch aufgrund komplexer Vorgaben im Baurecht nicht möglich. In Krampnitz, da sind sich alle Entscheidungsträger einig, möchte man es besser machen.