Unter den am Freitag Geehrten war auch Marie-Luise Glahr, Gründerin der Potsdamer Bürgerstiftung, die unter anderem das Pfandbechersystem Potspresso in der Landeshauptstadt eingeführt hat. Mit dabei zudem Filmregisseur Andreas Dresen, Pfarrer Gottfried Kunzendorf, Ministerpräsident Dietmar Woidke und der ehemalige Regierungsprecher Uwe-Karsten Heye (von links). Foto: Volker Tanner | Staatskanzlei
Acht Brandenburger und Brandenburgerinnen, die sich um das Land verdient gemacht haben, sind am Freitag in der Staatskanzlei von Ministerpräsident Dietmar Woidke mit dem Verdienstorden des Bundespräsidenten ausgezeichnet worden.
Alle folgen in Ihrem Handeln demselben Impuls: Mit ihren Aktivitäten und mit ihren Fähigkeiten wollen sie zum guten Miteinander in unserer Gesellschaft beitragen, Vorurteile abbauen, differenzierte Einsichten vermitteln und in schwierigen Lebenslagen helfen. So würdigte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) die herausragenden Leistungen der Geehrten, die am Freitagnachmittag den von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verliehenen Bundesverdienstorden bei einer Zeremonie im Brandenburgsaal der Staatskanzlei erhalten haben.
Mit Blick auf den anhaltenden Kampf gegen die Corona-Pandemie aber auch vor dem Hintergrund der verheerenden Juli-Flut warb Woidke für Solidarität und Zusammenhalt in der Gesellschaft: „Der innere Zusammenhalt ist die Basis, um Krisen gut bewältigen zu können. Beispiele von spontaner Solidarität machen Mut! Noch wichtiger ist jedoch, den Gemeinsinn durch stetige Energiezufuhr nachhaltig zu stärken. Daraus entstehen Sicherheit, Vertrauen und tolerantes Miteinander", so Woidke. Die Ordensträger bezeichnete er wie viele andere Engagierte als "unverzichtbare Energieträger, die den Gemeinsinn in unserer Gesellschaft wetterfest machen". Sie seien Vorbilder, die hoffentlich viele Nachahmer haben.
Unter den Geehrten war die in der Landeshauptstadt weithin bekannte Initiatorin der Potsdamer Bürgerstiftung, Marie-Luise Glahr. Die 49-Jährige erhielt die Verdienstmedaille.Glahr habe die ganze Stadt im Blick.Bekannt wurde sie durch das von ihr in der Stadt eingeführte Potspresso-Pfandbechersystem und spezielle Lastenräder, mit denen vor der Coronapandemie Senioren die Möglichkeit zu Ausflügen gegeben wurde. Inzwischen hat die Bürgerstiftung auch die Inselbühne auf der Freundschaftsinsel mit neuem Leben erfüllt und den Klosterkeller zu einem vorübergehenden Treffpunkt in der Innenstadt entwickelt. Das und noch viel mehr ist nur möglich, weil Marie-Luise Glahr ihre ganze Energie und sehr viel Zeit in die Stiftung steckt. Am 9.Oktober wird die Bürgerstiftung zehn Jahre alt. Im Rahmen des Projekts "Buntes Essen" kocht Marie-Luise Glahr mit Flüchtlingen für Obdachlose. In ihrer Familie haben viele Jahre lang syrische Jugendliche gewohnt, denen sie bei der Integration geholfen hat.
Beispielloses Engagement für das Gedenken und Erinnern habe der 90-jährige Gottfried Kunzendorf bewiesen, der mit dem Verdienstkreuz am Bande geehrt wurde. Als Pfarrer habe er die Erinnerungsarbeit zu seinem Lebenswerk gemacht. Schon in der DDR verschrieb hatte sich Kunzendorf dem Erhalt des geschichtlich bedeutsamen Friedhofs in Potsdam-Bornstedt gewidmet. dessen Förderverein gehörte er seit dessen Gründung an. Ohne seinen aufopferungsvollen Einsatz hätte der mittlerweile zum Unesco-Kulturerbe zählende Friedhof nicht seine heutige Qualität. Mit seinem Engagement hat Kunzendorf zahlreichen weniger bekannten Akteuren des Widerstands gegen das NS-Regime vom 20. Juli 1944 zu einem Platz im öffentlichen Gedenken.
Weit über Brandenburg hinaus bekannt ist der Regisseur Andreas Dresen. Der 58-Jährige wurde mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet. Dresen sei einer der wichtigsten Chronisten der Zeit nach der friedlichen Revolution, so Woidke. Zu seinen Werken gehören"„Halbe Treppe", "Sommer vorm Balkon" und "Gundermann". Dresen ist nach seinem Studium an der Potsdamer Filmhochschule besonders dem Filmstandort Berlin-Brandenburg verbunden geblieben. Seine Filme sind überwiegend in der Hauptstadtregion entstanden und damit begleitende Beobachter des täglichen Lebens in Brandenburg und Berlin. Dresen ist als einer der wichtigsten Repräsentanten Deutschlands in der Filmkunst eine Identifikationsfigur für viele Menschen in Brandenburg.
Mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse wurde auch der ehemalige Sprecher der Bundesregierung, Uwe-Karsten Heye ausgezeichnet. Der mittlerweile 80-Jährige hat sich für den Verein "Gesicht zeigen!" engagiert und habe damit dem "Aufstand der Anständigen" ein Gesicht gegeben, hieß es in der Laudatio. Zur Jahrtausendwende hat Heye mit Partnern aus Politik und Kultur den Verein "Gesicht zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland" gegründet. Mit seiner Hilfe wurde angesichts vieler rechtsextremistischer Übergriffe eine breite gesellschaftliche Bewegung mobilisiert. Dem Verein und Heye gelang es, Künstlerinnen und Künstler, Prominente aus Sport, Unterhaltung und Politik sowie Unternehmen als Unterstützer zu gewinnen. Zudem engagiert sich Heye für das jährlich stattfindende Literaturfestival LIT:potsdam.
Ebenfalls geehrt wurden Karl-Heinz Gliege mit der Verdienstmedaille für sein Engagement im Gemeindekirchenrat des havelländischen Brieselang. Karl-Heinz Hegenbart aus Kleinmachnow hat das Verdienstkreuz am Bande für seine Tätigkeit im Verband der brandenburgischen Segler erhalten. Petra Morawe war in der DDR Repressionen ausgesetzt und gehörte 1989 zu den Mitbegründern des Neuen Forums in Berlin-Pankow. Bis zu ihrem Ruhestand hat sie im Team der Beauftragten des Landes zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur mitgearbeitet und sich auch privat der Rehabilitation von ehemals politisch Verfolgten verschrieben. Dafür gab es nun das Verdienstkreuz am Bande.
Siegrid Thiel ist auch mit über 80 Jahren Ansprechpartnerin in psychosozialen Notsituationen. Sie steht Menschen zur Seite, deren Angehörige psychisch erkrankt sind. Aufgrund eigener Erfahrungen mit solch schwierigen Situationen bietet sie anderen Betroffenen kompetenten Rat und praktische Hilfe.Oft ist sie die einzige und erste Anlaufstelle in Notlagen.1994 war sie maßgeblich an der Gründung des ersten Landesverbandes „Angehörige psychisch Kranker“ Berlin-Brandenburg beteiligt. Unermüdlich setzt sie sich bis heute für die Vernetzung zwischen sozialpsychiatrischen Diensten, der psychiatrischen Fachklinik "Martin Gropius Krankenhaus" Eberswalde, der Behindertenkoordinatorin, Beratungsstellen und anderen ein. Am Freitag bekam auch sie das Verdienstkreuz am Bande.