Ausstellung in der Potsdamer Garnisonkirche soll Geschichte aufarbeiten
Von Ende 2022 an soll die Geschichte der Potsdamer Garnisonkirche in dem wiederaufgebauten Turm kritisch und differenziert dargestellt werden. Jedenfalls wird das so angekündigt. Kritiker sehen das anders.
Die Konzeption für die Ausstellung im Turm wurde am 4. März in der Sitzung des Kuratoriums der Stiftung Garnisonkirche einstimmig bestätigt und zur Umsetzung empfohlen. Am vergangenen Freitag wurde die Konzeption vor Journalisten vorgestellt.
Die Ausstellung trägt den Arbeitstitel „Glaube, Macht und Militär: Die Garnisonkirche Potsdam“ und wird in der vierten Etage im Turm auf einer Fläche von zirka 250 Quadratmetern ihren Platz finden.
Sie widmet sich der dreihundertjährigen Geschichte des Gotteshauses im Spannungsfeld zwischen evangelischer Kirche, Staat und Militär in den unterschiedlichen politischen Systemen, vor dem Hintergrund struktureller Veränderungen und in lokalen, regionalen, nationalen sowie europäischen Kontexten.
Die Ausstellung zeigt in sieben Themenbereichen exemplarisch für die Garnisonkirche Potsdam historische Zusammenhänge und ideengeschichtliche Wirkungen der engen Verbindung zwischen protestantischer Kirche und preußischem Staat mit seinem allgegenwärtigen Militärwesen: angefangen von der Grundsteinlegung der evangelischen Garnisonkirche im 18. Jahrhundert über die Entwicklung zur preußischen Militärkirche im 19. Jahrhundert, ihre Funktion als Symbolort des nationalistischen und demokratiefeindlichen Lagers in der Weimarer Republik, ihre Bedeutung in der Zeit des Nationalsozialismus bis zu ihrer Teilzerstörung am Ende des Zweiten Weltkriegs sowie ihrer Sprengung in der DDR – und bis in die Gegenwart hinein, einschließlich der Kontroversen um den Wiederaufbau.
Auch sei dieses Projekt dem Ziel verpflichtet, einen demokratie-, menschenrechts- und friedensorientierten Lern- und Bildungsorts deutscher und europäischer Geschichte zu schaffen. Das Team um die Ausstellungskuratorin Maria Schultz entwickelt gemeinsam mit Hana Hlásková, der Bildungsreferentin der Stiftung, Mitmachstationen für die Ausstellung und Anknüpfungspunkte für die künftige Bildungsarbeit.
Fördermittel beantragt
Die Vorplanung des Projektes wurde aus Eigenmitteln der Stiftung Garnisonkirche und der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche in Potsdam e.V. finanziert. Für die Realisierung der Ausstellung sind seitens der Stiftung Fördermittelanträge an die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) im Rahmen der Ergänzungsförderung zu der Baumaßnahme und an das Bundesministerium für Verteidigung gestellt. Die Gesamtkosten zur Realisierung der Ausstellung sind mit 1,03 Millionen Euro kalkuliert.
Maria Schultz, Kuratorin der Ausstellung erklärt: „Mir ist besonders wichtig zu betonen, dass sich die geplante Dauerausstellung als Ort der kritischen Auseinandersetzung mit der Geschichte der Garnisonkirche, insbesondere mit der bis 1945 wirkmächtigen preußisch-militaristischen und zugleich antidemokratisch-nationalistischen Traditionslinie und damit den Entwicklungen des 19. und 20. Jahrhunderts, versteht. Wir wollen mit dieser Ausstellung darüber hinaus zum Austausch über die Bedeutung von Religions-, Glaubens- und Meinungsfreiheit anregen und damit die Wertschätzung demokratischer Errungenschaften in der Gegenwart unterstützen.“ Die Ausstellung werde „keine Gesamterklärung preußischer Geschichte“ bieten, so der Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats, der Historiker Paul Nolte. Sie könne „nicht das fehlende preußische Geschichtsmuseum ersetzen“, jedoch eigene Akzente setzen. Geschichte werde in der Ausstellung kritisch und differenziert präsentiert. Es werde deutlich gemacht, dass Ereignisse wie der „Tag von Potsdam“ 1933 zur NS-Inszenierung der Reichstagseröffnung keine „unglücklichen Verirrungen“ und „keine bloßen Flecke auf dem schönen Kleid der Barockkirche“ gewesen seien.
Wieland Eschenburg, Kommunikationsvorstand der Stiftung Garnisonkirche sieht es als „ein gutes Gefühl, den ersten großen Abschnitt dieser Aufgabe nun an die Öffentlichkeit zu geben. Aber es ist nur ein Etappenziel. Fertig ist die Ausstellung, wenn sich zusammen mit der Eröffnung des Turmes die Türen für die Besucher öffnen. Bis dahin ist es noch ein langer Weg. Die Verzahnung der Ausstellung mit der zukünftigen Bildungsarbeit im Turm ist schon in der Phase der Erarbeitung ein Kontinuum. Schritt für Schritt kommen wir der ganzheitlichen Betreibung des Turmes näher.“
Keine Kirchturmhaube
In einem offenen Brief sprechen sich knapp hundert internationale Wissenschaftler, Architekten, Künstler, Kirchenvertreter, Kulturschaffende und zivilgesellschaftlich Engagierte dafür aus, bei dem Wiederaufbau des Kirchturms der Garnisonkirche Potsdam auf den Nachbau der umstrittenen Turmhaube zu verzichten, da diese für einen problematischen Nationalprotestantismus steht.
Sie fordern angesichts des auf Initiative des Potsdamer Oberbürgermeisters Mike Schubert begonnenen Diskussions- und Entscheidungsprozesses zur Zukunft des Ortes, keine weiteren Fakten zu schaffen, sondern die Ergebnisse dieses Prozesses abzuwarten. ela
Die Konzeption für die Ausstellung im Turm wurde am 4. März in der Sitzung des Kuratoriums der Stiftung Garnisonkirche einstimmig bestätigt und zur Umsetzung empfohlen. Am vergangenen Freitag wurde die Konzeption vor Journalisten vorgestellt.
Die Ausstellung trägt den Arbeitstitel „Glaube, Macht und Militär: Die Garnisonkirche Potsdam“ und wird in der vierten Etage im Turm auf einer Fläche von zirka 250 Quadratmetern ihren Platz finden.
Sie widmet sich der dreihundertjährigen Geschichte des Gotteshauses im Spannungsfeld zwischen evangelischer Kirche, Staat und Militär in den unterschiedlichen politischen Systemen, vor dem Hintergrund struktureller Veränderungen und in lokalen, regionalen, nationalen sowie europäischen Kontexten.
Die Ausstellung zeigt in sieben Themenbereichen exemplarisch für die Garnisonkirche Potsdam historische Zusammenhänge und ideengeschichtliche Wirkungen der engen Verbindung zwischen protestantischer Kirche und preußischem Staat mit seinem allgegenwärtigen Militärwesen: angefangen von der Grundsteinlegung der evangelischen Garnisonkirche im 18. Jahrhundert über die Entwicklung zur preußischen Militärkirche im 19. Jahrhundert, ihre Funktion als Symbolort des nationalistischen und demokratiefeindlichen Lagers in der Weimarer Republik, ihre Bedeutung in der Zeit des Nationalsozialismus bis zu ihrer Teilzerstörung am Ende des Zweiten Weltkriegs sowie ihrer Sprengung in der DDR – und bis in die Gegenwart hinein, einschließlich der Kontroversen um den Wiederaufbau.
Auch sei dieses Projekt dem Ziel verpflichtet, einen demokratie-, menschenrechts- und friedensorientierten Lern- und Bildungsorts deutscher und europäischer Geschichte zu schaffen. Das Team um die Ausstellungskuratorin Maria Schultz entwickelt gemeinsam mit Hana Hlásková, der Bildungsreferentin der Stiftung, Mitmachstationen für die Ausstellung und Anknüpfungspunkte für die künftige Bildungsarbeit.
Fördermittel beantragt
Die Vorplanung des Projektes wurde aus Eigenmitteln der Stiftung Garnisonkirche und der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche in Potsdam e.V. finanziert. Für die Realisierung der Ausstellung sind seitens der Stiftung Fördermittelanträge an die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) im Rahmen der Ergänzungsförderung zu der Baumaßnahme und an das Bundesministerium für Verteidigung gestellt. Die Gesamtkosten zur Realisierung der Ausstellung sind mit 1,03 Millionen Euro kalkuliert.
Maria Schultz, Kuratorin der Ausstellung erklärt: „Mir ist besonders wichtig zu betonen, dass sich die geplante Dauerausstellung als Ort der kritischen Auseinandersetzung mit der Geschichte der Garnisonkirche, insbesondere mit der bis 1945 wirkmächtigen preußisch-militaristischen und zugleich antidemokratisch-nationalistischen Traditionslinie und damit den Entwicklungen des 19. und 20. Jahrhunderts, versteht. Wir wollen mit dieser Ausstellung darüber hinaus zum Austausch über die Bedeutung von Religions-, Glaubens- und Meinungsfreiheit anregen und damit die Wertschätzung demokratischer Errungenschaften in der Gegenwart unterstützen.“ Die Ausstellung werde „keine Gesamterklärung preußischer Geschichte“ bieten, so der Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats, der Historiker Paul Nolte. Sie könne „nicht das fehlende preußische Geschichtsmuseum ersetzen“, jedoch eigene Akzente setzen. Geschichte werde in der Ausstellung kritisch und differenziert präsentiert. Es werde deutlich gemacht, dass Ereignisse wie der „Tag von Potsdam“ 1933 zur NS-Inszenierung der Reichstagseröffnung keine „unglücklichen Verirrungen“ und „keine bloßen Flecke auf dem schönen Kleid der Barockkirche“ gewesen seien.
Wieland Eschenburg, Kommunikationsvorstand der Stiftung Garnisonkirche sieht es als „ein gutes Gefühl, den ersten großen Abschnitt dieser Aufgabe nun an die Öffentlichkeit zu geben. Aber es ist nur ein Etappenziel. Fertig ist die Ausstellung, wenn sich zusammen mit der Eröffnung des Turmes die Türen für die Besucher öffnen. Bis dahin ist es noch ein langer Weg. Die Verzahnung der Ausstellung mit der zukünftigen Bildungsarbeit im Turm ist schon in der Phase der Erarbeitung ein Kontinuum. Schritt für Schritt kommen wir der ganzheitlichen Betreibung des Turmes näher.“
Keine Kirchturmhaube
In einem offenen Brief sprechen sich knapp hundert internationale Wissenschaftler, Architekten, Künstler, Kirchenvertreter, Kulturschaffende und zivilgesellschaftlich Engagierte dafür aus, bei dem Wiederaufbau des Kirchturms der Garnisonkirche Potsdam auf den Nachbau der umstrittenen Turmhaube zu verzichten, da diese für einen problematischen Nationalprotestantismus steht.
Sie fordern angesichts des auf Initiative des Potsdamer Oberbürgermeisters Mike Schubert begonnenen Diskussions- und Entscheidungsprozesses zur Zukunft des Ortes, keine weiteren Fakten zu schaffen, sondern die Ergebnisse dieses Prozesses abzuwarten. ela