Erster Armutsbericht offenbart krasse Unterschiede innerhalb der Stadt
15 Prozent der Potsdamer sind von Armut bedroht. Das sagt der erste Armutsbericht der Landeshauptstadt Potsdam, der in dieser Woche offiziell vorgestellt worden ist. Dass der Gesamtdurchschnitt der Stadt damit leicht unter dem Bundesdurchschnitt von 16,6 Prozent liegt, sagt allerdings wenig über die Situation aller Potsdamer aus. Denn je nachdem, wo sie wohnen, schwankt diese Quote enorm. In den nördlichen Ortsteilen und Sacrow beträgt sie gerade einmal acht Prozent. Im Schlaatz, in Potsdam Süd sowie in Waldstadt I und II liegt der Wert hingegen bei 23 Prozent.
Für die Untersuchung hat das Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG) die Stadt in sechs Sozialräume aufgeteilt und viele verschiedene Faktoren berücksichtigt. Schließlich sei das Einkommen nur ein Aspekt von Armut, wie Dr. Dietrich Engels, Geschäftsführer des ISG, bei der Vorstellung erklärte. Mitberücksichtigt wurden daher auch Bereiche wie Gesundheit, Bildung oder Wohnen. Als arm wird in dem Bericht klassifiziert, wer monatlich weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Einkommens zur Verfügung hat: konkret weniger als 1.120 Euro.
Die Armutsquote in der Stadt hängt nicht nur vom räumlichen Umfeld ab. Frauen sind mit 17 Prozent stärker von Armut betroffen als Männer, für die die Studie eine Quote von 13 Prozent ausweist. Auch beim Alter gibt es enorme Unterschiede. Während nur 11 Prozent der Menschen im erwerbsfähigen Alter von Armut bedroht sind, liegt der Wert für Menschen über 65 Jahre bei 17 Prozent. Bei Menschen unter 30 Jahren sind es sogar 32 Prozent. Höher liegt dieser Wert nur noch für Menschen mit Migrationshintergrund. Bei dieser Gruppe beträgt die Quote 36 Prozent, womit mehr als jede dritte Person von Armut betroffen ist.
Die Armut der Menschen offenbart sich in vielen Bereichen. 18 Prozent der Potsdamer müssen mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für die Miete aufwenden. 12 Prozent der Menschen, die weniger als 1.000 Euro als Haushaltsnettoeinkommen zu Verfügung haben, bewerteten zudem ihren Gesundheitszustand mit schlecht oder sehr schlecht. Schon bei einem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 1.000 und 2.000 Euro sinkt dieser Wert auf 5 Prozent.
Für die Stadt ergeben sich auf Grundlage des Armutsberichts deutliche Handlungsfelder, in denen gegengesteuert werden soll. Eines davon ist die Altersarmut, die in den vergangenen Jahren mit einigen Ausnahmen fast jährlich zugenommen hat. Eine Abnahme war lediglich 2015 und 2016 verzeichnet worden sowie zuletzt 2019. Letzteres fällt mit der Einführung der Grundrente zusammen. Auch die Kinderarmut ist ein klares Handlungsfeld. „Wir liegen hier deutlich über dem Bundesdurchschnitt“, so Brigitte Meier, die Beigeordnete für Ordnung, Sicherheit, Soziales und Gesundheit. Konkrete Maßnahmen sieht der Bericht jedoch nicht vor. Das soll in einem nächsten Schritt geschehen.